Salzburger Busfahrer „Sally Goldenboy“ gründet eine Schule

Keine Schulgebühr, keine Schläge, Uniform und Essen gratis: Das ist die Sorinatu-Schule im ghanaischen Nsoatre. Der Schulgründer kutschiert O-Busse durch Salzburg

Es soll in Salzburg ja Fahrgäste geben, die lassen einen Bus passieren und warten an der Haltestelle lieber zehn Minuten länger, nur um mit „ihrem Sally“ mitfahren zu können. Fakt ist, der 58-Jährige mit dem leicht schelmischen Blick hat unter der Salzburger Fahrgast-Community einen echten Fanklub.

Wenn im nervtötenden Stadt-Salzburger Verkehrschaos wieder einmal der Oberleitungsbus im Stau steht, unterhält Saliah Razak seine Fahrgäste mit einem Lied. Und betritt ein Kontrolleur den O-Bus, kommt die Durchsage: „Ich hoffe, ich bin der Einzige, der schwarz fährt.“

Solidarität der Fahrgäste

Saliah Razak stammt aus dem westafrikanischen Ghana. Er musste als Flüchtling 1991 seine Heimat verlassen, inzwischen ist er österreichischer Staatsbürger. Seit rund elf Jahren schon steuert er die großen Gelenkbusse durch das Salzburger Verkehrsgewühl. Er war der erste farbige O-Bus-Fahrer Salzburgs.

Rassistische Anfeindungen? Ja, die habe es anfangs gegeben, erzählt er. Inzwischen komme das aber selten vor und wenn, dann müsse er nichts mehr sagen. Andere Fahrgäste würden ihm sofort zur Seite stehen. Heute ist oft er der, der bei Konflikten zwischen den Fahrgästen vermittelnd eingreift – am liebsten mit Gesang. Er ist jedenfalls eine lokale Berühmtheit und hat es sogar zu einem Eintrag im regionalen Salzburgwiki gebracht. Sein Arbeitgeber, die Salzburg AG, hat ihn auch schon für Image-Videos eingesetzt.

Was die wenigsten Fahrgäste wissen: Ihr Chauffeur hat in seiner Heimatstadt Nsoatre im Westen Ghanas ein bemerkenswertes Schulprojekt gestartet. In der seit fünf Jahren geöffneten Schule samt dazugehörendem Kindergarten werden aktuell 700 Kinder betreut. Darunter Aids-Waisen und Kinder aus ärmeren Familien.

Das Prinzip der Schule ist schnell erklärt: Auf das sonst in Ghana übliche Schulgeld wird verzichtet, die Grundschüler erhalten Schuluniformen und Essen kostenlos. Finanziert werden 17 Lehrer und Lehrerinnen sowie Schulbau, Essen, Einrichtung und Schulbusse überwiegend aus Klein-Spenden. Auf einen potenten Sponsor wartet man bisher vergeblich. Nur das Land Salzburg hat in den vergangenen Jahren in Summe 35.000 Euro beigesteuert. Und worauf man in Nsoatre wie in Salzburg besonders stolz ist: In dieser Schule werden die Kids nicht geschlagen.

„Steh auf und flieg“

Träger der Aktion ist der Verein Sorinatu, was aus der Landessprache Twi übersetzt so viel wie „Steh‘ auf und flieg“ bedeutet. „Wir sind fest davon überzeugt, dass Ghana vor allem gut ausgebildete Bauern, Handwerker und Lehrer braucht, die bereit sind, aktiv an der Verbesserung der Lebensumstände in ihrem Land mitzuwirken“, sagt Razak.

Er selbst koordiniert die Schulaktion von Salzburg aus, sein Sohn Abdul (29) fungiert als ehrenamtlicher Schulleiter in Ghana und bewirtschaftet nebenbei den Bauernhof der Familie.

Viele der Spenden kommen über Afrika-Feste oder Patenschaften herein, einen wesentlichen Beitrag liefert auch O-Bus-Lenker Razak selbst. Unter dem Künstlernamen „Sally Goldenboy“ hat er inzwischen sechs CDs produziert. Der Erlös fließt in die Sorinatu-Schule: „Wir Afrikaner können eben einfach musizieren, so wie die Österreicher eben einfach Ski fahren können.“

Ohne Spenden überleben

Rund um Sally Goldenboy hat sich eine kleine Gruppe Österreicher geschart, die in regelmäßigen Arbeitseinsätzen in Nsoatre mithelfen. Unter der Leitung des Salzburger Tischlermeisters und Lehrers an der Landesberufsschule, Roland Weiss, werden Schulbänke und Garderoben gebaut. Im Ort selbst wurde ein Tischler an den modernen Maschinen ausgebildet, der die Wartung besorgt.

Mittelfristig wird an einer Möglichkeit zur Computerausbildung mit Laptop und Beamer gearbeitet, auch ein eigenes Werkstattgebäude ist im Entstehen. Damit, so der Plan, soll sich die Schule dann letztlich selbst erhalten und ohne Spenden überleben können. (Thomas Neuhold, 27.8.2019)

Informationen über das Projekt, Spenden, Patenschaften, Möglichkeiten zur Mitarbeit in Nsoarte gibt es auf sorinatu.org.

Das nächste Afrikafest des Vereines Sorinatu findet am Samstag, 28. September ab 17 Uhr in der Arge Kultur, Ulrike-Gschwandtner-Straße 5, 5020 Salzburg statt.

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