Freispruch nach tödlichem Unfall

Kreuzung Stennertbrücke: Ein Mann wird im Mai 2018 von einem Lkw angefahren und verstirbt. Gericht: Fahrer trifft keine Schuld.

Die gefürchtete Kreuzung an der Stennertbrücke ist nach dem Unfalltod eines Rentners (81) mit Absperrbügeln aus Metall als Gefahrenschwerpunkt für Fußgänger entschärft worden. Den tragischen Vorfall selbst musste gestern das Schöffengericht Hagen juristisch aufarbeiten: Der wegen fahrlässiger Tötung angeklagte Kraftfahrer (55), der aus seinem Lkw den alten Herrn nicht gesehen und ihn angefahren hatte, wurde freigesprochen.

Was am 17. Mai vergangenen Jahres um 9.35 Uhr morgens im Bereich der Stennertbrücke genau geschah, blieb auch nach über dreistündiger Verhandlung mit Zeugenbefragung und intensiver Sachverständigenanhörung „nur sehr unvollständig“, erläuterte Richter Michael Brass in der Urteilsbegründung: „Wir haben alles Erdenkliche getan, den Unfall aufzuklären, was nicht befriedigend gelungen ist. Alle verbliebenen Zweifel mussten sich zugunsten des Angeklagten auswirken.“

Familienvater bislang unbescholten

Der Angeklagte, ein zweifacher Familienvater aus einer 13.000-Einwohner-Stadt im westlichen Münsterland, ist seit genau dreißig Jahren Berufskraftfahrer und hat bisher keinen einzigen Punkt in Flensburg. An dem Unfallmorgen war er mit seinem 40-Tonner-Kippsattelfahrzeug auf dem Weg zu den Hohenlimburger Kalkwerken. Von der Iserlohner Straße kommend, wollte er in die Mühlenbergstraße abbiegen.

Doch zunächst musste er als erstes Fahrzeug vor der roten Ampel warten, zog dann ein Stück vor zum Haltebalken, bis an der Lichtzeichenanlage der grüne Pfeil aufblinkte – „dann muss die Fußgängerampel zwangsläufig Rot haben“, stellte der Verkehrssachverständige fest.

Der Lkw-Fahrer fuhr langsam an, „im letzten Augenblick habe ich was gesehen und bin sofort in die Bremse“, so der Angeklagte. Er schluckt und spricht mit gleichtöniger Stimme weiter, als stünde er noch immer unter Schock: „Ich hörte was knallen, dann stand ich auch schon.“ Woher der Fußgänger, ein 81-jähriger Rentner, auf die Fahrbahn der Mühlenbergstraße kam, ob von rechts oder links, kann der Lastwagenfahrer nicht sagen: „Ich habe nur einen Schatten gesehen.“

Nebenkläger fassungslos

Noch an der Unfallstelle verstirbt der Hohenlimburger Senior. Hätte eine leichte Kopfbewegung des Kraftfahrers vielleicht schon gereicht, den Unfalltod des Rentners zu verhindern?

Der Sohn des Verstorbenen, der im Prozess als Nebenkläger auftritt, wirkt völlig fassungslos. Nebenklage-Anwalt Sebastian Kröner: „Auch die Witwe hat noch schwer an dieser Sache zu knacken.“ Zeugen für das tragische Unfallgeschehen gibt es nicht: „Das brachte für das Gericht eine Menge Unwägbarkeiten mit sich“, so Richter Brass. Wenn man unterstelle, dass durch den grünen Pfeil der Abbiegevorgang eingeleitet wurde, bedeute das zwangsläufig: „Der Fußgänger ging bei Rot.“ Dadurch träfe den Getöteten ein erhebliches Mitverschulden.

„Auch wenn das für die Hinterbliebenen nur schwer verständlich ist, wir müssen uns an die Ausführungen des Sachverständigen halten“, begründete Richter Brass.

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