Warum es immer weniger Berufskraftfahrer gibt

Sie sind den ganzen Tag auf der Autobahn unterwegs und sehen ihre Familie oft wochenlang nicht: Kein Wunder, dass der Job des Berufskraftfahrers nicht zu den beliebtesten Ausbildungsberufen gehört. Viele Stellen bei rheinland-pfälzischen Speditionen bleiben daher unbesetzt.

1.132 offene Stellen im Mai – alleine in Rheinland-Pfalz. Und nur 655 Arbeitssuchende mit passender Qualifikation. Lkw-Fahrer werden zurzeit dringend gesucht. „Wir haben regelmäßig mehr Jobs als Bewerber bei den Berufskraftfahrern“, bestätigt Hanna Theresa Kunze von der Arbeitsagentur in Trier.

Die gesamte Logistikbranche, die auch Staplerfahrer oder Auslieferungsfahrer umfasst, leide unter der mangelenden Attraktivität der Jobs, meint Kunze. Hauptgrund seien die langen Arbeitszeiten und die fehlende Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Zu demselben Ergebnis kam erst kürzlich die IHK Koblenz in ihrer aktuellen Konjunkturumfrage: Berufskraftfahrer gibt es demnach hierzulande deutlich zu wenige.

Umschulung statt Ausbildung

Um das zu ändern, will die Trierer Arbeitsagentur Arbeitgeber und potentielle Bewerber erstmals auf einer eigenen Messe zusammenbringen. „Wir wissen, dass der Beruf für junge Leute oftmals nicht sonderlich aufregend ist“, sagt Kunze. Daher habe man es dort nicht nur auf den Nachwuchs abgesehen, sondern explizit auch auf Quereinsteiger.

Allerdings spielt auch die Gesundheit eine wichtige Rolle: Den ganzen Tag im Führerhaus sitzen, unregelmäßige Pausen- und Essenszeiten – Lkw-Fahrer ist kein Beruf für Menschen, die bereits gesundheitliche Probleme haben.

Nicht mal Mindestlohn

Für Wolfgang Westermann, Vorsitzender des Bund Deutscher Berufs-Kraftfahrer (BDBK), liegt das Problem jedoch woanders. „Die Bezahlung stimmt einfach nicht“, sagt er. Es wundere ihn daher nicht, dass Kraftfahrer kein Traumjob sei. Es gebe zwar auch gute Arbeitgeber mit fairen Löhnen, er kenne aber niemanden, der mehr als 2.700 Euro brutto im Monat verdiene. Oft seien es weniger als 2.000 Euro – bei einer 60-Stunden-Woche ist das weniger als der gesetzliche Mindestlohn.

Auch die Wertschätzung fehle oft gänzlich, beklagt Westermann: „Lkw-Fahrer sind oft die Sündenböcke auf den Straßen, auf den Rastplätzen werden sie gemieden.“ Er wünsche sich, dass der Berufsstand wieder ein positives Image bekomme.

Eine Chance für die Integration?

Attraktiv wiederum könne der Job als Lkw-Fahrer für Menschen mit Migrationshintergrund sein, da er keine umfassenden Kenntnisse der deutschen Sprache erfordere, sagt Hanna Theresa Kunze von der Trierer Arbeitsagentur. Lediglich die theoretische Führerscheinprüfung müsse auf Deutsch absolviert werden. In vielen Fällen sei Bilingualität, insbesondere das Beherrschen einer osteuropäischen Sprache, bei Berufskraftfahrern sogar ein Vorteil, da ein Großteil von ihnen auch in diesen Ländern unterwegs sei.

Ganz so einfach sei das allerdings nicht, sagt BDBK-Chef Westermann. „Als Kraftfahrer sollte man die deutsche Sprache beherrschen“, findet er. „Dazu kommt, dass man den Verkehr auf unseren Straßen kennen muss.“ Der Straßenverkehr in Osteuropa sei beispielsweise ganz anders als in Deutschland. Eine Umschulung hält Westermann daher für nicht ausreichend. „Drei Jahre Ausbildung sollten es schon sein.“

SWR

AUTOR
Manuela Hübner