Nach Pleite: Zoff um 300 Brummis

Der Großteil der vermissten Fahrzeuge ist in Spanien aufgetaucht. Doch die Rückführung ist vorerst nicht möglich.

Nittendorf.Es geht um Millionen: um 35 Millionen Euro an Verbindlichkeiten der „MINAG Mineraliengesellschaft mbH“ (Minag) in Pollenried nach ihrer Pleite, um rund 300 „verschwundene“ geleaste Lastwagen dieser Firma und um ausgefallene Leasingraten. Ob die Geschädigten wieder an ihr Geld bzw. ihre Fahrzeuge kommen, ist fraglich, und das, obwohl ein Großteil der vermissten Lastwagen wieder aufgetaucht ist – in Spanien.

Das ist bislang bekannt: Anfang August 2017 stirbt der Geschäftsführer der Minag, ein Mitgesellschafter stellt Insolvenzantrag. Der Regensburger Rechtsanwalt Dr. Hans-Peter Lehner übernimmt die Minag als vorläufiger Insolvenzverwalter. Er schafft es, den Betrieb mit fast 80 Mitarbeitern am Laufen zu halten und die Übernahme durch die AE Schüttgutlogistik Bayern GmbH zu vermitteln.

Weit weniger erfreulich ist, was Lehner sonst herausfindet. Es soll erhebliche Manipulationen in den Firmenbilanzen gegeben haben, er spricht von insgesamt 35 Millionen Euro an Verbindlichkeiten, die die Minag hinterlasse.

Lehner versucht auch, Licht in die Lkw-Geschäfte der Minag zu bringen. Der Geschäftsführer der Minag soll offenbar nach und nach mehr als 300 geleaste Lkw und Auflieger illegal ins Ausland verkauft haben. Die Leasingraten in Höhe von rund 500 000 Euro pro Monat sowie Steuern und Versicherungen sollen weiter bezahlt worden sein, was zu Verlusten in Millionenhöhe geführt haben soll. Um diese Verluste zu decken, habe der Geschäftsführer immer weitere Fahrzeuge auf diese Weise veräußert, sagt Lehner.

Der Rechtsanwalt schaltet die Staatsanwaltschaft ein und lässt die Lkw zur internationalen Fahndung ausschreiben. Seitdem dauern die Ermittlungen an. Es gibt Durchsuchungen, ansonsten will die Staatsanwaltschaft keine Angaben machen – wegen laufender Ermittlungen.

Ein Betroffener meldet sich

Gegen Jahresende meldet sich bei der Mittelbayerischen eine betroffene Leasingfirma, deren Eigentümer anonym bleiben möchte. Sein Unternehmen hatte frühzeitig Anzeige erstattet. Über einen Rückholspezialisten habe man 26 der 27 großen Volvo-Sattelzüge, die die Minag bei ihm geleast habe, ausfindig gemacht – in Spanien, erklärt er.

Das Problem: Die Leasing-Firma komme nicht an ihre Fahrzeuge heran. Sie seien an verschiedene Einzelabnehmer verkauft worden. Der Firmenchef wirft den Behörden vor, wenig zu unternehmen, um seine Fahrzeuge zurückzuholen. Die Staatsanwaltschaft sei immer noch dabei, den Verbleib sämtlicher Lkw zu prüfen. Wichtig wäre aber, die Lkw, deren Standorte bekannt sind, sicherzustellen und zu prüfen, ob sie legal erworben wurden.

Dem widerspricht der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Regensburg, Dr. Markus Pfaller. Es sei richtig, dass die meisten Fahrzeuge nach aktuellem Ermittlungsstand nach Spanien gelangt und dort an viele verschiedene Einzelabnehmer veräußert worden seien. Die Staatsanwaltschaft sei aber „nicht originär für die Durchsetzung zivilrechtlicher Herausgabeansprüche zuständig“. Sie könne nicht ohne nähere Prüfung der Rechtslage Fahrzeuge im Ausland vorsorglich sicherstellen. Bei einer unbegründeten Sicherstellung wäre die Staatsanwaltschaft dann schadensersatzpflichtig.

Gegenwärtig könne nicht ausgeschlossen werden, dass die aktuellen Fahrzeughalter nach den in Spanien gültigen Vorschriften die Lkw zu Recht erlangt haben. Und selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, habe die Staatsanwaltschaft nach geltendem Recht zu prüfen, ob der jeweilige Endabnehmer im Ausland gutgläubig gehandelt habe und eine Sicherstellung des Fahrzeugs hierdurch ausgeschlossen sei. Den Hinweis auf „gutgläubige Käufer“ hält der Leasingfirmen-Chef für unzutreffend. Diesen Begriff gebe es im deutschen Recht, seines Wissens aber nicht im spanischen Recht.

Den Mann stören weitere Ungereimtheiten: Die betroffenen Lastzüge hat die Minag nach seinen Informationen zuerst selbst gekauft und dann an einen Händler weiterverkauft. Von diesem habe sein Unternehmen die Lastzüge als Neufahrzeuge erworben und an die Minag als Leasingfahrzeuge weitergegeben – ohne von den vorherigen Deals zu wissen. Auch bei den Versicherungen gebe es Auffälligkeiten. All diese Verdachtsmomente habe er den Behörden weitergegeben, er erhalte aber keine Informationen zu den Ermittlungen.

Weitere Objekte durchsucht

Zu diesen Punkten will die Staatsanwaltschaft aus ermittlungstechnischen Gründen auch gegenüber der Presse nichts sagen. Im Rahmen der Gesamtermittlungen sei noch eine Vielzahl von Unterlagen auszuwerten, betont Pfaller. Er bestätigte aber, dass es Mitte Januar eine weitere Durchsuchung gegeben hat. Und es gibt mittlerweile eine eigene Ermittlungsgruppe, die sich mit dem Fall befasst.

Für die Leasingfirma bedeutet der Zerfall des Minag-Systems bisher einen Verlust von etwa 800 000 Euro. Und weil sie die verkauften Fahrzeuge nicht zurückholen kann, werden diese Verluste weiter steigen. Der Firmenchef betont, dass viele der einzelnen Punkte für sich genommen nicht unbedingt ein Strafvergehen bedeuten, „aber das Gesamtsystem hat schon ein Gschmackerl. Die Minag hatte ja keinerlei Gewinn daraus gezogen.“

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