Keine Priorität für Berufskraftfahrer

Die Verfügbarkeit der Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 ist derzeit sehr begrenzt. Dadurch ist es erforderlich festzulegen, in welcher Reihenfolge geimpft wird. Lkw-Fahrerinnen und Fahrer müssen vorerst weiter warten.

Die Anfrage von Alexandra Lenz aus Fulda kam per Mail. „Haben Sie eine Möglichkeit, zu versuchen, dass wir Lkw-Fahrerinnen und Fahrer bei der Corona-Impfung in der Gruppierung weiter nach oben steigen?“ Die Probleme, die sie schildert, sind mir in der Tat bekannt. „Bei vielen Kunden kann man sich nicht immer an die Corona-Regeln halten, besonders wenn Fahrerinnen und Fahrer in einem kleinen Raum mit vielen anderen Leuten warten müssen. An den Grenzen muss man teilweise ohne Abstand warten. Ich verstehe es nicht. Denn wir sind ja, wie es so oft heißt, systemrelevant und wir haben viel mit Kunden zu tun.“

Die Hoffnung auf die Impfung

Alexandra fährt bereits seit sechs Jahren Lkw, zuerst anderthalb Jahre mit Wechselbrücke für Hermes, danach dreieinhalb Jahre für Maintaler im Fernverkehr, seit Mitte August 2020 mit einem Volvo-Kranzug für die Firma Gutmann Transporte Baustoffe aus Fulda. Ihre berechtigten Sorgen: „Ich kenne leider schon viele Kollegen, die im Anschluss an einen Transportauftrag positiv getestet wurden. Nur weil man nur seinen Job gemacht hat, muss anschließend in Quarantäne und das leider auch nicht immer zuhause. Einige mussten schon im Ausland in Quarantäne bleiben.“

Was das in der Tat bedeuten kann, habe ich in meinem letzten Blog-Artikel eschrieben. „Ich würde mich gerne impfen lassen, damit ich mich einfach besser fühle und nicht bei jeder Fahrt Angst haben muss, dass ich mich irgendwo anstecke“, schreibt Alexandra. „Aber leider sind wir Lkw-Fahrerinnen und Fahrer bei der Priorisierung ganz unten, obwohl es ohne uns keine Versorgung der Bevölkerung geben würde.“

Antwort des Bundesgesundheitsministeriums

So habe ich tatsächlich für Alexandra nachgefragt. Die erste Antwort kam von der Pressestelle des Bundesgesundheitsministeriums: „Die Verfügbarkeit der Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 ist derzeit sehr begrenzt“, heißt es aus Berlin. „Dadurch ist es erforderlich festzulegen, in welcher Reihenfolge die Bürgerinnen und Bürger geimpft werden.“ Für die Organisation und Durchführung der Corona-Impfungen sind die Länder verantwortlich. Basis der Umsetzung für die Impfkampagne sind die Impfverordnung und die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO). „Fragen und Antworten zur COVID-19-Impfung finden Sie auf unserer Internetseite.“

Weiter heißt es: „Von der Reihenfolge nach Paragraf 1 Absatz 2 Satz 2 der Impfverordnung kann abgewichen werden, wenn dies für eine effiziente Organisation der Schutzimpfungen oder eine zeitnahe Verwendung vorhandener Impfstoffe notwendig ist, insbesondere um einen Verwurf von Impfstoffen zu vermeiden. Zu den Menschen, welche in der Kritischen Infrastruktur tätig sind und laut Paragraf 4 Abs. 1 Satz5 Anspruch auf eine Schutzimpfung mit erhöhter Priorität hätten, zählen laut STIKO-Empfehlung insbesondere Menschen, die im Apothekenwesen, in der Pharmawirtschaft, im Bestattungswesen, in der Ernährungswirtschaft, in der Wasser- und Energieversorgung, in der Abwasserentsorgung und Abfallwirtschaft, im Transport- und Verkehrswesen (ÖPNV) sowie in der Informationstechnik und im Telekommunikationswesen tätig sind.“

BGL sieht eine Chance

Immerhin: Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) sieht eine Chance: „Nach unserer Einschätzung haben eben Personen, die das Funktionieren der systemrelevanten Logistikbranche sicherstellen, gemäß Paragraf 4 Absatz 1 Nr. 5 der Coronavirus-Impfverordnung einen Anspruch auf Schutzimpfung mit ‚erhöhter Priorität´, sie befinden sich also in der drittdringlichsten Stufe“. Hierunter fallen nach Auffassung des BGL insbesondere auch Berufskraftfahrer. „Da aber im Zweifelsfall nicht die Rechtsauffassung des BGL, sondern diejenige der Bundesregierung ausschlaggebend ist, haben wir – um unseren Mitgliedsunternehmern und deren Fahrern rechtssicher Auskunft geben zu können – eine schriftliche Bestätigung dieser Rechtsauffassung einschließlich eines geeigneten Musterformulars zur Aushändigung an die betroffenen Beschäftigten bei BMVI und BMG angefordert. Eine Antwort steht bis dato jedoch noch aus. Wir informieren Sie baldmöglichst.“

Keine besondere Position

„Die BG Verkehr bezieht zur Reihenfolge der Impfberechtigten und der Prioritätensetzung keine gesonderte Position“, heißt es aus Hamburg, „sondern schließt sich den gesetzlichen Regelungen an. Aus unseren Daten und Erkenntnissen können wir auch keine Evidenz ableiten, die eine Forderung nach abweichender Einordnung in die Impfreihenfolge rechtfertigen würde. Die Coronavirus-Impfverordnung finden Sie hier.

Änderung der Arbeitsschutzverordnung

Das Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlicht täglich den aktuellen Stand der Impfungen. Ein Trost: Ab nächster Woche müssen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern ein wöchentliches Testangebot machen – für Beschäftigte aus dem Bereich Transportdienstleistungen sogar mindestens zweimal pro Woche. Für manche Fahrer in Süddeutschland gibt es nun immerhin eine „Rollende Arztpraxis“ zum Testen und möglichen Impfen. „Wir engagieren uns seit Jahren bei DocStop, der medizinischen Unterwegsversorgung“, sagt Jan Plieninger, Geschäftsführer der BFS Business Fleet Services GmbH. „Deshalb haben wir einen MAN Reisebus zu einem Test- und Impfbus umgebaut, der auch auf Rastplätzen und Autohöfen Halt macht und dort zusammen mit DocStop Tests durchführt. Der nächste Termin ist am 28. April auf dem Autohof Wörnitz.“ Foto: BFS BFS hat einen Medizinbus an den Start gebracht, unter anderem für mobile Corona-Tests.

Für Alexandra Lenz ist das natürlich zunächst nicht die erhoffte Antwort. Sie wird vorerst weiter warten müssen. „Da ich meinen Job als Lkw-Fahrerin liebe, fahre ich trotzdem, in der Hoffnung das ich mich nirgends anstecke.“

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