Nazi-Aufkleber auf Lkw sorgen für Empörung bei Deutschen auf Mallorca

Eigentlich war der kleine schwarze Aufkleber über dem Türgriff der Fahrerkabine des silberfarbenen Sattelschleppers nicht der Rede wert. „Führerhaus – Fahrer spricht Deutsch” war darauf zu lesen. Nichts Anstößiges, sollte man meinen. Eigentlich. MM-Leser Bernd Vogel (Name v. d. Red. geändert), der den in einer Straße in Port d’Alcúdia geparkten Lastwagen mit deutschem Kennzeichen am vergangenen Freitag beim morgendlichen Dauerlauf entdeckt hatte, brachte der Aufkleber jedoch so richtig in Rage. So stoppte der Jogger kurzerhand, fotografierte den Grund seiner Entrüstung aus verschiedenen Perspektiven mit dem Handy und schickte alles zusammen an die MM-Redaktion.

Auf einem der Fotos deutlich zu erkennen sind die vier oben genannten Wörter in Frakturschrift, einem Zeichentypus, der – wenn auch teils widersprüchlich – vom NS-Regime in den 1930er und 1940er Jahren zur Veröffentlichung von Schriftstücken und Bekanntmachungen verwendet wurde, und der nach Ende des Zweiten Weltkrieges bis heute von der breiten Öffentlichkeit im In- und Ausland mit Nazi-Deutschland assoziiert wird. „Ich finde es einfach unmöglich, dass so ein nach Fremdenfeindlichkeit und Nazitum riechender Spruch auf einem Fahrzeug angebracht wird, das damit durch halb Europa fährt”, schimpfte Vogel.

Und damit hat er nicht ganz Unrecht. So gehört der Sattelschlepper zum Fahrzeugpark des Unternehmens M-Motorradreisen im schwäbischen Eberdingen, das bereits seit mehreren Jahren europaweit Urlaubsaufenthalte für Biker anbietet. Der Clou: Die Reiseteilnehmer bekommen für die Aufenthaltsdauer Motorräder der Marke Harley-Davidson zur Verfügung gestellt, die mit besagten Sattelschleppern an den jeweiligen Ferienort transportiert werden. Zusammen mit eigenen Touren-Guides geht es danach zum Cruisen über den Asphalt.

Mallorca wird von M-Motorradreisen seit 2019 angesteuert. Und zwar mit Unterstützung und maschineller Rückendeckung durch einen der größten offiziellen Harley-Davidson-Händler in Süddeutschland, der Firma „House of Flames” mit Niederlassungen in München, Ulm, Augsburg und Rosenheim. Aus diesem Grund prangt auf den Sattelschleppern von M-Motorradreisen auch das Logo von „House of Flames”. Dessen Geschäftsführer Walter Maygatt zeigte sich auf MM-Anfrage über den „Führerhaus”-Aufkleber erschrocken. „Das geht doch gar nicht”, wetterte Maygatt am Telefon, nachdem er die Fotos gesehen hatte. Sowohl er persönlich als auch sein gesamtes Unternehmen würden sich klar und deutlich von der Message des Aufklebers distanzieren.

„Wir selbst sind allerdings auch nicht die Veranstalter der Motorradreisen nach Mallorca”, so Maygatt weiter. Das sei einzig und allein die Firma M-Motorradreisen. Dass „House of Flames” auf der eigenen Homepage mit einer zweiseitigen Beschreibung für die Reise wirbt, sei nach Worten von Maygatt „lediglich eine Art von Vermittlungshilfe”. Und überhaupt. „Wir haben doch keinerlei Einfluss darauf, was diese Firma so alles auf ihre Lastwagen klebt.” Selbstverständlich verlange man von dem Partnerunternehmen die sofortige Entfernung des Stickers. Sollte das nicht geschehen, würde man das eigene „House of Flames”-Logo von den Lastwagen entfernen lassen.

Ersteres ist mittlerweile scheinbar schon geschehen. So antwortete die Geschäftsführerin von M-Motorradreisen, Manuela Hollenbach, dass sie nach Rücksprache mit dem Fahrer die Entfernung des ohne ihre Erlaubnis aufgeklebten Stickers eingefordert habe. Sie distanziere sich von dem Spruch und bedauere die Angelegenheit, die damit für sie erledigt sei.

Weniger verständnisvoll sah die Angelegenheit ihr Mann Jürgen Hollenbach beim zuvor geführten Telefongespräch mit MM. „Solche Art von Befindlichkeiten wegen eines Aufklebers sind doch vollkommen lächerlich”, erklärte Hollenbach. Der Sticker würde nämlich keinerlei Assoziationen zu einer rechtsextremistischen oder nationalsozialistichen Gesinnung wecken. Und: „Wo sind wir denn überhaupt, wenn wir so etwas nicht sagen beziehungsweise denken können?” Selbstverständlich distanziere auch er sich von jeglicher rechtsradikaler Meinungsmache, in diesem Fall seien die mit den Aufklebern verbundenen Anschuldigungen aber „vollkommen übertrieben”. Er vermute hinter den Fotografien zudem einen „Racheakt” eines möglicherweise ehemaligen Angestellten. „Wir werden in dieser Angelegenheit einen Anwalt damit betrauen, diesen Menschen ausfindig zu machen und zur Rechenschaft zu ziehen”, so Hollenbach.

Beim Hauptsitz von Harley-Davidson in Deutschland reagierte man auf Anfrage zur Angelegenheit eher verhalten. „Wir arbeiten gemeinsam mit dem Vertragshändler ( „House of Flames, Anm. d. Red. ) daran, die Angelegenheit so rasch wie möglich zu klären”, erklärte Pressesprecher Rudi Herzig per Email. Wie diese Klärung genau aussehen soll, ließ er dabei jedoch offen.

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