Die Wut der Busfahrer in Kiel – das steckt dahinter

In Kiel streiken wieder die Busfahrer und legen den öffentlichen Nahverkehr lahm. Sie haben klare Forderungen an den Arbeitgeber – und sind fest entschlossen, diese durchzusetzen. 

In ganz Schleswig-Holstein streiken erneut die Busfahrer – so auch in Kiel. Grund sind die stockenden Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft Ver.di und den Arbeitgebern.

Am Mittwoch finden noch einmal landesweit Demonstrationen statt, mit denen die Busfahrer ihre Entschlossenheit deutlich machen wollen. Unter dem Streit leiden derzeit viele Fahrgäste, die auf Busse im Alltag angewiesen sind. Viele von ihnen haben aber auch Verständnis für die Streikenden. t-online.de hat die Stimmung vor Ort eingefangen. 

„Man muss sich ja auch mal überlegen, was für eine Verantwortung wir haben. Und wir arbeiten im unregelmäßigen Schichtdienst – ich kann kaum einmal abends mit meiner Frau ausgehen. In zehn Jahren gehe ich in Rente. Dann möchte ich mir auch mal was leisten können. Dafür brauche ich jetzt ein vernünftiges Gehalt.“

Uwe Papenheim, 56:

„Ich bin ganz neu dabei. Ich bin froh, dass ich einen Job habe. Aber natürlich verhalte ich mich solidarisch. Wenn gestreikt wird, wird gestreikt. Natürlich denke ich auch an die Kunden. Aber es liegt ja in Arbeitgeberhand, den Streik zu beenden.“

Von den Kieler Fahrgästen, die sich in dieser Woche nach anderen Transportgelegenheiten umsehen müssen, hört man trotz der Unannehmlichkeiten hauptsächlich Verständnis für die Busfahrer.

Jenny Jacobsen, 35

„Ich fahre nicht so oft Bus und zur Not nehme ich den Zug. Aber für meinen Freund ist es schon blöd. Der muss jeden Tag mit dem Bus nach Flintbek. Meistens nimmt ihn jetzt ein Kollege mit dem Auto mit. Für die Streiks habe ich natürlich Verständnis, aber ich kann auch verstehen, wenn die Leute sagen, es nervt.“

Streik über mehrere Tage

Bis einschließlich Freitag sollen die Streiks fortgesetzt werden. Dann werden auch die Verhandlungen weitergeführt. Ver.di fordert von den privaten Busbetreibern eine Lohnerhöhung von 17 Prozent auf mehr als 2.800 Euro. Demgegenüber steht das Angebot der Arbeitgeber einer schrittweisen Lohnerhöhung von 200 Euro bis Ende 2021. Nach Ansicht der Busfahrer ist das bei weitem nicht genug.

Christian Perkams, 35:

Christian Perkams: „Wir wollen das Geld jetzt“, sagt er. (Quelle: Sven Raschke)

„Das, was angeboten wurde, reicht absolut nicht. Das mit der über Jahre verteilten Lohnerhöhung ist Blödsinn. Wir wollen das Geld jetzt. Das Leben wird von Tag zu Tag teurer. Ich habe Familie. Da ist es sehr schwer, mit dem, was ich jetzt verdiene, klarzukommen. Viel leisten kann man sich nicht. In anderen Betrieben verdient man mehr.“

Der Omnibusverband Nord zeigt sich irritiert über die Fortsetzung der Streiks kurz vor und voraussichtlich auch noch während der kommenden Verhandlungsrunde. „Die viertägigen Dauerstreiks gehen ja deutlich über das hinaus, was man üblicherweise gewohnt ist“, sagt Joachim Schack, Geschäftsführer Omnibusverband Nord. „Das ist im Grunde ähnlich absurd wie die Forderung von 17 Prozent mehr Lohn. Ver.di hat in den letzten drei Verhandlungsrunden nie den Eindruck vermittelt, als würden sie sich wirklich einigen wollen, sondern nur die Streiks legitimieren wollen.“

Ob die Streiks tatsächlich bis einschließlich Freitag weitergehen, ist indes noch nicht absolut gewiss. Denn, wie Schack gestern warnte: „Wir haben Ver.di mitgeteilt, dass wir nicht für Verhandlungen bereitstehen werden, sollten die Streiks auch am Freitag fortgesetzt werden.“

Busfahrer wollen sich nicht einschüchtern lassen

Bei Verdi reagierte man zwar trotzig auf diese Drohung. So heißt es von Karl-Heinz Pliete von Verdi Nord: „Diese Drohung wird die Situation nicht entspannen. Wir halten das für wenig konstruktiv. Und wir werden jetzt nicht auf Druck des Arbeitgebers die Streiks vorzeitig abbrechen.“ Er ergänzte aber: „Wenn wir den Streik abbrechen, dann hat das andere Gründe.“ Die Busfahrer jedenfalls wollen sich vom drohenden Verhandlungsabbruch nicht einschüchtern lassen.

Robert Schmidt, 32:

„Da schneiden sie sich ins eigene Fleisch. Je schneller ein Abschluss der Verhandlungen kommt, desto eher fahren die Busse wieder. Wir müssten ja nicht streiken, wenn es ein vernünftiges Angebot gäbe. Wir sind entschlossen, das durchzuziehen. Die bisherigen Angebote sind unterirdisch im Vergleich zu dem, was wir fordern, und jetzt reicht es mal.“

„Wenn die Leute nicht miteinander reden, dann ist es schwierig, zu einer Lösung zu kommen. Deshalb halte ich diese Drohung für einen Bluff. Wir werden auf jeden Fall Freitag streiken. Wir verdienen so wenig Geld. Besonders die Fahrer, die noch keine zehn Jahre dabei sind. Die müssten theoretisch 64 Jahre arbeiten, um auf die volle Rente zu kommen.“

Am Dienstag hatten nach Angaben von Ver.di Nord etwa 60 bis 70 Busfahrer ihre Arbeit niedergelegt. Auch Mechaniker haben sich dem Streik angeschlossen. Die Demo am Mittwoch soll auf dem Platz der Matrosen (Bahnhofsvorplatz) starten.

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