Umweltschützer skeptisch, Spediteure zufrieden: Seit einem Monat rollen Gigaliner durch Rheinland-Pfalz

MAINZ – Zu groß, zu schwer, zu gefährlich: Als Anfang 2012 testweise die ersten Lang-Lkw, vielen unter dem Begriff Gigaliner bekannt, durch Deutschland rollten, schlug den bis zu 25 Meter langen Transportfahrzeugen viel Ablehnung entgegen. Seit dem 22. Januar sind die Riesen-Brummis nun auch in Rheinland-Pfalz unterwegs – auf fünf genau festgelegten Strecken hat die Landesregierung den Einsatz von Lang-Lkw zugelassen. Rheinland-Pfalz war damit eines der letzten Bundesländer, das den Weg für Großlaster auf seinen Straßen freimachte. Die Kritik an den Lang-Lkw ist mittlerweile leiser geworden, auch wenn gerade Umweltschützer weiterhin skeptisch auf das neue Transportmittel blicken.

Weniger Lkw-Verkehr durch Großlastwagen?

Thorsten Hölser gehört zu den Menschen, die die Skepsis beim Thema Lang-Lkw zerstreuen möchten: Die Argumente, die der Geschäftsführer des Speditions- und Logistikverbands Hessen/Rheinland-Pfalz ins Feld führt, sind im Wesentlichen deckungsgleich mit denen von Verkehrsministerium und Landes-FDP. Durch die neuen Großfahrzeuge gebe es insgesamt weniger Lastwagen auf den Straßen, rechnet Hölser vor: „Zwei Lang-Lkw können die Fracht von drei normalen Lastwagen transportieren.“

Die Verringerung der Transportfahrten war auch für die Spedition Haaf im pfälzischen Römerberg ein wesentlicher Grund, in einen neuen Lang-Lkw zu investieren. „Wir haben ein Drittel weniger Fahrten auf der Strecke als vorher“, sagt Julian Kümmerle, Leiter der Abteilung Customer Support. Auf der gut 40 Kilometer langen Route zwischen Haßloch und Kandel transportiert die Spedition bis zu viermal täglich leere Getränkedosen von einer Produktionsstätte in ein Zwischenlager. „In den ersten Wochen haben wir sehr positive Erfahrungen mit dem Lang-Lkw gesammelt, das Fahrzeug ist kaum aufgefallen“, berichtet Kümmerle. Mittlerweile hat das Unternehmen die Genehmigung einer weiteren Strecke für Lang-Lkw in Rheinland-Pfalz beantragt. Als Transportgüter für die langen Laster kommen vor allem Waren mit geringem Gewicht und großem Volumen infrage, beispielsweise leere Dosen. Schließlich dürfen auch die neuen Großfrachter trotz mehr Ladekapazität das für alle Lastwagen gültige Maximalgewicht von 40 Tonnen nicht überschreiten. „Aus diesem Grund werden Lang-Lkw auch ein Nischenprodukt bleiben“, schätzt Hölser, dass der Anteil von Lang-Lkw am gesamten Lastwagen-Aufkommen auch langfristig nicht mehr als ein Prozent betragen werde.

Dennoch soll die Umwelt vom Gigaliner-Einsatz profitieren: „Pro Jahr sparen wir 12 000 Lkw-Fahrten und somit mehr als 150 Tonnen CO2 ein“, verkündete Verkehrsminister Volker Wissing im Januar beim Großlaster-Start. Zahlen, die man beim BUND Rheinland-Pfalz zwar gerne vernimmt, aber dennoch mit Skepsis betrachtet: „Diesen Daten liegt eine Studie zugrunde, von der wir nicht genau wissen, wie sie durchgeführt wurde“, erklärt BUND-Umweltschutzreferent Michael Ullrich. Seine Organisation lehnt den Einsatz von Gigalinern ab. „Wir wollen stattdessen erreichen, dass mehr Güter auf die Schiene verlagert werden“, nennt Ullrich eine andere Stoßrichtung.

Aufweichen der Regeln für Lastwagen befürchtet

Und die Beteuerung der Befürworter, man erlaube Lang-Lkw nur auf Strecken, auf denen die Bahn keine sinnvolle Alternative sei? Für den BUND nur eine Darstellung des Status Quo, der sich in Zukunft zugunsten der Brummi-Branche ändern könnte – ebenso wie das aktuelle Maximalgewicht von 40 Tonnen. „Mit der Zeit kann auch die Gewichtsgrenze erhöht werden. Dann wird erhöhter Straßenverschleiß zum Problem, und das, obwohl wir jetzt schon einen gewaltigen Sanierungsstau haben“, warnt Ullrich. Die Ablehnung der Umweltschützer reicht aber noch weiter ins Grundsätzliche hinein: „Wir wollen weg davon, dass Waren unnötig quer durch Europa gefahren werden, hin zu regionalen Wirtschaftskreisläufen. Nur so können wir den Energieverbrauch im Verkehr senken.“

Source of article click here : Allgemeine Zeitung