Technik der Roboter-Lkw ist weiter als bei Pkw

Technik für Lkw vorerst besser geeignet als für Autos

Das automatisierte Fahren von Pkw kommt derzeit nur in kleinen Schritten, Lkw dagegen müssen in die Autonomie springen. Das könnte ihnen sogar leichter fallen, als es zunächst klingt. Denn die Kosten-Nutzen-Rechnung für die Robotertechnik könnte für Nutzfahrzeuge leichter aufgehen als für Pkw. Denn: Beim normalen Auto ist Autonomie in erster Linie eine Frage der Bequemlichkeit. Beim Lkw hingegen geht es um Kosten.

Fährt der Truck alleine, spart die Spedition sich den Fahrer und damit nicht nur einen großen Posten in der Betriebsrechnung, sondern auch viel Umständlichkeit. Denn Berufskraftfahrer sind einem harten Regelwerk unterworfen, was erlaubte Lenkzeiten und Pausen angeht. Die Maschine hingegen muss nicht schlafen oder entspannen, sie fährt 24 Stunden, 7 Tage die Woche ohne Leistungsverlust. Dazu kommt: Lkw-Fahrer sind in Deutschland zunehmend schwer zu finden, bis Ende des Jahrzehnts werden der Branche nach Expertenschätzung allein hierzulande rund 185.000 Mitarbeiter fehlen. Mehr Autonomie für die Trucks könnte für Entlastung sorgen.

Ein sanfter Weg von der Teilautonomie zum vollautomatisierten Fahren, wie es viele Hersteller für den Pkw vorsehen, ist bei Lkw aber kaum sinnvoll, wie jetzt auch eine Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) nahelegt. Künftige Nutzer von automatisierten Lkw wollen demnach keine teilautomatisierten Lösungen, die lediglich den Stress der Fahrer mindern, sondern idealerweise Fahrzeuge, die komplett ohne menschlichen Begleiter auskommen. Diese würden die Kosten für den Fahrer sparen und sich besser in die zunehmend automatisierte Logistikwelt einfügen lassen.

Gerade weil die Logistikbranche schon lange auf digitalisierte Effizienz setzt, könnten es autonome Nutzfahrzeuge aber auch in ihr besonders leicht haben. So wie heute in Großlagern schon selbstständig agierende Roboter Regale ein- und ausräumen, könnten bald Transporter und Lkw künftig ohne menschlichen Fahrer durch Häfen und Logistikzentren fahren. Im sogenannten Systemverkehr ist der Transport in hohem Maße standardisiert und entsprechend leicht zu automatisieren.

Problemzone volle Straßen

Auf öffentlichen Straßen hingegen sieht es komplexer aus. Dass in naher Zukunft alle Straßenarten für Robo-Trucks freigegeben werden, scheint unrealistisch. Leichter machbar ist eine Beschränkung der Autonomie auf bestimmte Gebiete, etwa auf bestimmte Fernstraßen-Abschnitte. In diesem Fall wären jedoch wohl menschliche Fahrer für die Teilabschnitte auf nicht frei gegebenen Straßen nötig. An der Autobahn müssten dann spezielle Abstellflächen geschaffen werden, wo die menschlichen Insassen aussteigen könnten und der Autonomie-Modus gestartet wird. Ob ein solches Modell für das dicht besiedelte Mitteleuropa passt, ist fraglich. Seine Potenziale ausspielen könnte es viel besser im dünn besiedelten Hinterland der USA oder Australiens.

Gerade für lange Etappen durch eine eher simple Topographie könnte der Roboter eine Option sein. Viele Lkw-Hersteller arbeiten daher an der sogenannten Platooning-Technik. Einzelne Trucks schließen sich dabei zu einer eng gestaffelten Kolonne zusammen, die dann wie ein langer Zug gleichmäßig durch die Landschaft rollt. Wenn überhaupt sitzt nur im ersten Wagen noch ein Mensch am Steuer, die anderen Lkw folgen vollautomatisch. Neben den Personalkosten können so auch die Kraftstoffkosten gedrückt werden, denn das Fahren im Verbund senkt den Windwiderstand und damit den Verbrauch auf Langstrecken deutlich.

Zudem sind idealerweise weniger Bremseingriff nötig als beim Fahren mit Menschen hinterm Steuer. Unter Strich sinkt der Spritbedarf um mindestens drei bis vier Prozent, wie 2019 eine Studie des Logistikunternehmens DB Schenker und der Hochschule Fresenius auf deutschen Autobahnen ergeben hat. Für das Platooning gilt aber das gleiche wie für die autonomen Trucks: Erste Versuche der Hersteller zeigen, dass die Vorteile sich eher auf langen gleichmäßigen Etappen wie in den USA oder Australien zeigen und nicht in Europa.

Überforderung mittelständischer Speditionen

Für die deutschen Speditionen ist der Effizienz-Aspekt allerdings kaum relevant, wie das DLR herausgefunden hat. Trotzdem dürften die oft mittelständischen Unternehmen auf lange Sicht am Thema Roboter-Lkw kaum vorbeikommen. Und das könnte für viele zum Problem werden: „Aus betriebswirtschaftlichen Gründen wollen und können diese Unternehmen keine millionenschweren Investitionen in eine aktuell noch relativ unsichere Technologie tätigen“, sagt Stephan Müller vom DLR. Stattdessen werden wohl die großen, weltweit aktiven Firmen die Entwicklung vorantreiben – und dann davon profitieren. Die Wissenschaftler sehen die Gefahr, dass die kleineren Player ohne staatliche Unterstützung auf der Strecke bleiben.

Ob und wann die Roboter-Lkw das Logistik-Geschäft übernehmen, ist aber noch unklar. Mit dem Einride T-Pod ist seit Mitte 2019 ein erster fahrerloser Truck für den Straßenverkehr zugelassen, vorerst allerdings nur in Schweden. Dort soll der ohne Fahrerkabine auskommende Lkw zwischen zwei nahe bei einander gelegenen Lagerhallen pendeln. Auch die großen Hersteller haben bereits Konzeptfahrzeuge mit vollautomatisierten Fahrfunktionen vorgestellt. Daimler etwa hat kürzlich angekündigt, in den kommenden Jahren eine halbe Milliarde Euro in die Entwicklung der Technik investieren zu wollen. 2025 hieß es, könnten die ersten Modelle auf die Straße kommen.

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