Fernpassroute: „Zwei Tage ohne Lkw heißt Notstand“

Fritz Jäger, Vertreter der Sparte Verkehr im Außerfern, freut die gesteigerte Überwachung des Schwerverkehrs entlang der Fernpassroute. Hauptbetroffene von den täglichen Kontrollen seien aber die hiesigen Frächter.

Reutte – Die Polizei hat entlang der Fernpassstrecke in Sachen Schwerverkehr die Daumenschrauben angezogen. An der B179 werden Lkw so intensiv kontrolliert wie schon lange nicht mehr. Die akribische Nachschau zeitigt Wirkung, die Steigerungen an Vergehen sind immens. Wie berichtet, wurden in den drei Monaten Februar, März und April 1800 Verstöße festgestellt – 27 pro Tag. Die TT wollte nun von Fritz Jäger, dem Außerferner Gesicht der Sparte Verkehr der Wirtschaftskammer, wissen, ob hier eine ganze Branche zu Unrecht in Verruf kommt oder – ganz im Gegenteil – die Frächter nur noch am Tricksen und Schummeln sind, zum Leidwesen der Anrainer und anderer Verkehrsteilnehmer.

Jäger: „Generell begrüße ich die intensiven Kontrollen. Sie können nur zum Vorteil der regionalen Frächter sein, wenn sich herumspricht, dass hier nicht jeder tun und lassen kann, was er will. Der Imageschaden ist nämlich groß und die heimischen Betriebe sind genauso betroffen, auch wenn sie sich nichts zuschulden kommen lassen.“

Jede Medaille habe aber zwei Seiten und die rigorosen Kontrollen seien für die hiesigen Frächter eine enorme Belastung. Denn ein international tätiges Unternehmen sei davon vielleicht nur alle paar Wochen einmal betroffen, der Einheimische, wenn er Pech hat, hingegen fünfmal am Tag. Jedes Mal werde der gleiche Lkw, der innerhalb des Bezirkes pendle, aufs Neue kontrolliert. Bremsen, Rüttelplatte, all das benötige verständlicherweise viel Zeit. Jäger mit einem „Wunsch ans Christkind. Ich könnte mir vorstellen, dass es etwa für jede unbeanstandete Kontrolle ein grünes Pickerl auf die Scheibe gibt, das dem Überprüften einen gewissen Vertrauensvorschuss einräumt, und er an diesem Tag in Ruhe gelassen wird.“ Der Breitenwanger erklärt, dass er schon wisse, dass dies rechtlich schwierig sei und die Beamten ihre Arbeit korrekt machen müssten. Aber man könne ja einmal über so einen Vorschlag nachdenken.

Prinzipiell will sich Fritz Jäger die ganze Branche nicht so schlechtreden lassen, wie dies leider dauernd geschehe. „Hier wird vieles viel schlimmer dargestellt, als es in Wirklichkeit ist. Beispiel Überladung: Hat ein 40-Tonner 200 Kilo zu viel, was zum Beispiel innerhalb der Fülltoleranz von Zementsäcken liegt, ist er schon dran. Hier geht es um 0,5 Prozent.“

Besonders übertrieben findet Jäger die Schilderungen über die angeblich nicht eingehaltenen Ruhepausen der Fahrer. Alle viereinhalb Stunden seien 45 Minuten Pause vorgeschrieben. „Wenn der Lenker aber nach 44 Minuten losfährt, also nur eine Minute fehlt, wird laut Gesetz so getan, als ob er überhaupt keine Pause gemacht hätte. So kommen dann die Schlagzeilen von ,70 Stunden durchgefahren‘ zustande.“ Ein Lkw dürfe in der Ruhezeit nicht einmal gestartet und auf einem Parkplatz einen Meter vorgefahren werden, um jemandem Platz zu machen. Schon würde alles als Nicht-Pause gewertet. Sogar bei kleinsten Vergehen, wie einer vergessenen persönlichen Unterschrift unter einem Fahrtenschreiber, würden die Fahrer eine Mindeststrafe von 300 Euro ausfassen. Viel schlimmer seien hier die meist polnischen Klein-Lkw, bei denen ein Fahrer so lange ungestraft unterwegs sein könne, bis er umfalle.

Jäger ist überzeugt, dass bei Privat-Pkw die gleiche Zahl an Vergehen herauskommen würde, wenn man sie gleich intensiv kontrollieren würde. „Das ist gewiss kein Spezifikum unserer Branche.“

Seit 2010, als die 7,5-Tonnen-Tonnagebeschränkungsregelung vom Standortnachweis auf Ziel- und Quellverkehr geändert wurde, sind laut Jäger viel mehr ausländische Frächter auf der Fernpassstrecke unterwegs. Sie würden einfach innerhalb der Zone schnell irgendwo zuladen, um durchfahren zu können. Ein eigener Firmenstandort sei nicht mehr notwendig. „Gerade diese Fahrzeuge machen im Winter Probleme. Kein einziger heimischer Lkw bleibt am Fernpass je hängen, weil alle wissen, welche Achs­aufteilung hier notwendig ist.“ Jene auf Durchreise hätten meist eine winteruntaugliche Achsfolge, was zum bekannten Hängenbleiben – und zu Emotionen der heimischen Pkw-Lenker – führe.

Prinzipiell wünscht sich Jäger, dass die notwendigen Warentransporte von der Bevölkerung in einem besseren Licht gesehen werden. „Für die Leute sind das einfach nur ,Scheiß-Lkw‘. Aber gerade in einem dezentralen Bezirk wie dem Außerfern müsste innerhalb von zwei Tagen der Notstand ausgerufen werden, wenn wir nicht mehr fahren würden. Die Regale wären sofort leer. Und alle bestellen unaufhörlich online …“

Zur Quelle dieses Artikels und anderen großartigen Artikeln klick hier