Ein-Mann-Lobby für Lkw-Fahrer fordert mehr Respekt

Jörg Schwerdtfeger ist ehemaliger Berufskraftfahrer und wirbt mit seinem Facebook-Blog für mehr Respekt gegenüber Lkw-Fahrern. Mehr als 46.000 Menschen verfolgen seine teils kontroversen Beiträge.

Mit dem Wort Influencer verbinden die meisten wohl auf Anhieb junge Menschen, die unterschiedliche Produkte oder Lebensstile in den sozialen Netzwerken bewerben und ihre Reichweite so in bare Münze umwandeln. Schwerdtfeger passt nach dieser Definition zwar nicht auf diese Berufsbezeichnung, macht im Grunde aber dasselbe für den Job des Lkw-Fahrers. Nur dass es ihm nach eigener Aussage allein um die Sache geht und er keine kommerziellen Zwecke verfolgt. „Für mich steht das Soziale im Vordergrund. Da muss sich etwas ändern.“

Zum einen gehe es ihm um den Fahrer selbst und wie dieser behandelt und gesellschaftlich wahrgenommen wird. Zum anderen um die Missstände innerhalb der gesamten Branche. „Das Mobilitätspaket empfinde ich dahingehend nicht wirklich als erfüllend“, sagt Schwerdtfeger.

Vorurteile aus dem Weg räumen

Aber worum geht es eigentlich? Der 55-Jährige war selbst Berufskraftfahrer und betreibt nun eine Facebook-Seite, deren Zweck es ist, Truckern mehr Respekt in der Gesellschaft zu verschaffen. Passenderweise trägt dieser Blog den Namen „Ich bin Lkw-Fahrer/in und habe Respekt verdient“. Die Beiträge sind ein bunter Mix aus ernsthaften, humoristischen und informativen Themen. Der Blog ist eine Art überregionales Sprachrohr. „Die Interessen von Unternehmern und Fahrern sind im Berufsalltag weit voneinander entfernt. Allerdings haben die Fahrer im Gegensatz zu den Unternehmern keine Lobby, um diese Interessen in der Politik durchzusetzen“, hebt Schwerdtfeger hervor. In der aktuellen Krisensituation rund um die Flutkatastrophe nutzt er seine Reichweite beispielsweise für Hilfe- und Spendenaufrufe aus der Branche.

Darüberhinaus leiste er aber auch an Schulen und Ausbildungsbörsen Lobbyarbeit für den Beruf, den er selbst 17 Jahre lang mit Freude ausführte. „Ohne Nachwuchs stirbt das deutsche Transportgewerbe aus“, ist er sich sicher. Dabei begegnen ihm oft Vorurteile von Eltern gegenüber dem Beruf, die sich nicht selten auf Negativbeispiele aus dem Umfeld beziehen. „Ein Mutter zog mal ihren Sohn von mir weg und sagte sowas wie: Das ist nichts für dich, da ist Onkel Kalle schon dran gescheitert.“

Deshalb versucht er seine Begeisterung auf Berufseinsteiger zu übertragen. Denn für den Blog-Betreiber sei das Transportgewerbe schon im Alter von 14 Jahren reizvoll gewesen. Damals habe ihn sein Schwager mit auf Touren quer durch Europa genommen. Die Fernfahrer-Romantik packte ihn also früh und ließ ihn nicht wieder los. Bei der Bundeswehr erlangte er alle erforderlichen Führerscheine und blieb direkt beim ersten Arbeitgeber hängen.

Kampf für mehr Menschlichkeit

Allerdings nahm die Geschichte ein unschönes Ende. „Ich habe mich dort extrem wohlgefühlt, es war ein bisschen wie mein zweites Zuhause. Auch die Bezahlung war in Ordnung. Leider konnte man das nicht über das Menschliche sagen“, erinnert sich Schwerdtfeger, der sich daraufhin intern lautstark für einen Betriebsrat einsetzte. Spätestens als er seine Forderung mit juristischer Unterstützung durchsetzte, wurde er zur Persona non grata im Unternehmen. „Da wurde eine richtige Mobbing-Kampagne gegen mich gestartet.“ Von respektlosem Verhalten gegenüber Lkw-Fahrern kann er also aus eigener Erfahrung sprechen.

Schließlich trennten sich die Wege und Schwerdtfeger suchte sich einen neuen Arbeitgeber, der ein offeneres Ohr für sozialverträgliche Arbeitsbedingungen hatte. „Jetzt stimmt nicht nur das Finanzielle, sondern auch das soziale Umfeld“, sagt er. Damit das auch so bleibt, hat Schwerdtfeger bei seinem neuen Arbeitgeber den Fahrersitz gegen einen Bürostuhl getauscht und ist seither verantwortlich für das Personalmanagement. Wobei er auch in dieser Funktion noch viel reisen muss: „Heute bin ich viel im Recruiting unterwegs, um gutes Fachpersonal zu finden, was spürbar immer aufwendiger wird.“

Das langfristige Ziel seiner Initiative ist neben einem grundsätzlich respektvolleren Umgang mit Truckern, wieder mehr Einigkeit unter den Fahrern zu erzeugen. „Es gibt 500.000 registrierte Fahrer in Deutschland. Wenn wir es schaffen würden, unsere Interessen zu bündeln, um uns mehr Gehör im politischen Berlin oder Brüssel zu verschaffen, wäre ein großer Schritt getan.“

Doch stattdessen gönne der eine dem anderen nicht mal die Butter auf dem Brot. Diejenigen, die sich wie er öffentlich einsetzen, werden noch als Selbstdarsteller bezeichnet. „Mich interessieren diese Hater nicht“ sagt er. Nichtsdestotrotz gehen solche missgünstigen Kommentare auch nicht spurlos an einem vorbei. Von seiner ehrenamtlichen Arbeit halten ihn solche Beleidigungen allerdings auch nicht ab. Ganz im Gegenteil sogar.

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