Ein Drei-Tonnen-Ofen geht auf Reisen

Der Schwertransport befördert die Spezialanfertigung. Die Firma hat keinen Mangel an Aufträgen, aber an Fachkräften.

Epfenbach. Das, was die Männer der Firma Wieland an diesem Morgen machen, ist Millimeterarbeit. Seit 6 Uhr sind sie dabei, den Schwertransport vorzubereiten, der zwei Temperöfen nach Kassel fahren wird. Mit diesen Öfen können Materialien über einen längeren Zeitraum erhitzt werden. In diesem Fall sind die Geräte für die Automobilindustrie gedacht.

Eigentlich hätte der Schwertransport schon vor einem Jahr kommen sollen, doch die Genehmigungen in Kassel haben sich hingezogen. Also standen die Öfen seit Juli vergangenen Jahres auf dem Gelände im Zuckerbaum 1. Es sei nicht ungewöhnlich, dass die Geräte längere Zeit in den Hallen lagern, erklärt Hendrik Elstermann, Geschäftsführer der Firma Wieland Anlagen und Apparatebau. Vor allem wenn es Förderungen gibt, sei die Wartezeit durchaus lang, sagt Elstermann und fügt hinzu: „Das ist so ein Graus geworden.“

Er gibt nun Anweisungen, was seine Arbeiter machen sollen. Langsam fährt der Lkw ein weiteres Stück in die Halle. Der Temperofen schwebt an einem Kran, der an der Decke befestigt ist und über die ganze Hallenbreite fahren kann. Drei Tonnen wiegt der Koloss, der ein bisschen an einen überdimensionierten Container erinnert. Die Blechkonstruktion ist innen mit Steinwolle gefüllt. Mit seiner Breite von 3,20 Metern und einer Höhe von 3,80 Metern braucht es eine Spezialfirma, die ihn transportiert. Die planen dann auch die Streckenführung und holen Genehmigungen von den Behörden ein. Ein ganz schöner Aufwand, denn für jeden Landkreis, in dem der Transport fährt, braucht es eine gesonderte Genehmigung. Das bedeutet sechs bis acht Wochen Vorlauf. Ein bisschen länger als die Arbeiter in Epfenbach benötigen, um so einen Ofen zu bauen. Elstermann erklärt, dass das in sechs Wochen zu schaffen sei.

Dass die beiden Temperöfen nun schon seit Längerem bei der Firma stehen, ist nicht die größte Herausforderung für das Unternehmen, das es seit 1946 gibt – auch wenn es 2011 insolvent war und neu gegründet wurde. Die Öfen würden zwar im Weg stehen, viel schwieriger sei aber der derzeitige Rohstoffmangel, erklärt Elstermann. Das Unternehmen konnte noch rechtzeitig Material besorgen, um die kommenden zwei Jahre produzieren zu können. Nun lagern die Bleche schon außerhalb der Regale. Gekauft wird dann, wenn die Preise einigermaßen akzeptabel sind, denn: „Mit so einer Preisexplosion hat niemand gerechnet“, sagt Elstermann. Viele Firmen würden jetzt in Schwierigkeiten kommen. Hätte die Firma Wieland nicht langfristige Lieferverträge, hätte sie das auch in Kalamitäten bringen können.

Doch der Firma geht es gut. Die Auftragsbücher sind laut Elstermann voll. Manchmal müssten sie schon Anfragen ablehnen, denn eine weitere Herausforderung für das Epfenbacher Unternehmen ist der Fachkräftemangel. Zehn Mitarbeiter suchen sie gerade. Doch vor allem die schlechte Anbindung an den ÖPNV sei ein Problem. „Um 6 Uhr kommt keiner mit dem Bus hierher“, sagt der Geschäftsführer. Und zu Schichtende um 23 Uhr sei es auch schwer. Viele der Arbeiter hätten weder Führerschein noch Auto. Und keiner wolle in „idyllischer Feldrandlage“ arbeiten. Daher konnten sie das Firmengelände auch nicht erweitern, obwohl sie dafür schon eine Baugenehmigung hatten. Der Beruf sei aber durchaus attraktiv. Man könne die Welt bereisen. Dann zählt Eltermann auf, wo überall Arbeiter schon auf Montage waren, darunter Taiwan, Mexiko und Dubai.

„Zieh mal“, ruft es derweil in der Halle. Es ist Hans Riepel, der gerade auf dem Boden kniet und unter den Transporter hindurch Anweisungen an seinen Kollegen auf der anderen Seite gibt. Die Männer befestigen gerade die Spanngurte. Mit zwei Rollwagen haben sie den Ofen am Morgen aus der anderen Halle transportiert. Vier bis fünf Mal im Jahr gibt es solche Transporte. Das Aufladen dauert eigentlich nur rund eine Stunde, doch heute steht der Lkw schief. Das Schwierigste sei, zu schauen, dass alles im Wasser ist, sagt Riepel. Der schaut sich gerade sein Werk zufrieden an und sagt: Passieren kann jetzt nichts mehr.“

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