AdBlue-Mangel: Transport-Branche befürchtet leere Regale

Fahrer-Mangel, hohe Treibstoffkosten, Lieferprobleme bei vielen Produkten: Logistikunternehmer sind aktuell nicht zu beneiden. Jetzt droht infolge der Gaskrise auch noch der Abgasreinigungsstoff AdBlue knapp zu werden – mit gravierenden Folgen.

7.000 Liter – so viel AdBlue hat Georg Mayer, Transportunternehmer aus Maxhütte-Haidhof im Landkreis Schwandorf, aktuell noch im Tank. Höchstens vier Wochen würde das im Notfall reichen, um die rund 30 Lkw des Familienunternehmens noch betanken zu können. Geht das AdBlue aus, müssten die Sattelschlepper stillstehen.

AdBlue zur Abgasreinigung

Moderne Lkw verwenden AdBlue zur Abgasreinigung, um den Stickoxid-Ausstoß zu verringern. Geht das AdBlue im Tank zur Neige, wird die Motorleistung um ein Viertel verringert, sagt Mayer. Wird dann immer noch nicht nachgetankt, werden die Maschinen auf eine Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h runtergeregelt. „Dann kann man nur noch zum nächsten Parkplatz fahren.“

Noch wird Mayers Betrieb mit dem Abgasreinigungsstoff beliefert, doch die Preise sind infolge der Gaskrise stark gestiegen. AdBlue wird vorwiegend von Düngemittel-Produzenten als Nebenprodukt hergestellt, welche enorm abhängig vom Erdgas sind.

Zahlte er vor der Krise teilweise nur 17 Cent für den Liter AdBlue, rechnet Mayers Lieferant momentan mit Preisen deutlich über einem Euro. Langfristige Preiszusagen werden schon länger nicht mehr gemacht. „Mein Lieferant sagt, er nimmt noch Bestellungen ab dem 1. September an, aber er kann uns nicht zusichern, ob wir beliefert werden und in welchen Mengen“, sagt Mayer.

Produktion wegen hoher Gaskosten bereits gedrosselt

Die Lage sei ernst, so Mayer: Mehrere europäische Hersteller haben wegen den gestiegenen Gaspreise die AdBlue-Produktion bereits gedrosselt. Einer der größten Produzenten Deutschlands, SKW Piesteritz in Sachsen-Anhalt, hat bereits angekündigt, wegen der hohen Preise und der Gasumlage im Oktober die Produktion stoppen zu müssen, wenn das Unternehmen keine Hilfe bekommt.

Die Folge eines großflächigen Lieferstopps: In Deutschland könnte kaum noch ein Sattelschlepper fahren. Firmen, Tankstellen und Supermärkte bekämen große Lieferprobleme. „Wenn die Lkw nicht mehr fahren, bricht das alles zusammen. Es steht die gesamte Wirtschaft“, sagt Mayer.

Vor ähnlichen Problemen stünden dann auch Kraftwerksbetreiber wie das Müllkraftwerk Schwandorf, die Ammoniakwasser zur Abgasreinigung einsetzen. Im Ernstfall müssten die Kraftwerke entweder abgeschaltet oder der Ausstoß deutlich dreckigerer Abgase von der Politik erlaubt werden.

Mehr Abgase oder stehende Lkw

Sollte kein AdBlue mehr verfügbar sein, stünde auch bei den Transportfahrzeugen eine solche Entscheidung an. Entweder bricht der Warentransport zusammen oder die Politik erlaubt ein Umprogrammieren der Lkw, damit diese auch ohne die Abgasreinigung weiterfahren können. Das würde aber die Umwelt stark belasten. Ein Dilemma.

Alternative Antriebe derzeit keine Lösung

Eine andere Möglichkeit wären dann zwar auch Lastkraftwagen mit alternativen Antrieben, doch von diesen gibt es noch viel zu wenige. Georg Mayer hat auf seinem Hof sogar vier Lkw stehen, die mit Flüssiggas betankt werden. Er hatte sie ursprünglich angeschafft, um seine CO2-Emissionen zu senken. Nur leider fehlen aktuell die Nummernschilder.

Wegen der enorm gestiegenen Gaspreise lohnt es sich für Mayer derzeit nicht, die Fahrzeuge einzusetzen. Er hat sie deshalb abgemeldet. Sollte es zu einem großflächigen AdBlue-Lieferstopp kommen, wird er sie vielleicht doch wieder zulassen. „Wenn die Diesel-Fahrzeuge alle stehen, ist vielleicht jemand bereit, die hohen Kosten zu zahlen“, sagt Mayer.

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