Augen zu und durch
EU-Beitrittsverhandlungen mit Ukraine Von Reinhard Lauterbach Yves Herman/Reuters
Perfekt im Schönreden: EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen am Mittwoch in Brüssel
Bekanntlich kann man vom selben Glas Wasser sagen, es sei halb voll oder halb leer. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat sich gegenüber der Ukraine für die erste Variante entschieden. Ihr Bericht, den das Plenum der Kommission am Mittwoch durchgewinkt hat, spricht von erheblichen Fortschritten, die die Ukraine auf dem Weg zur Annäherung an EU-Standards erzielt habe.
Das Kleingedruckte sieht ein bisschen anders aus: Die Ukraine müsse noch mehr tun, um den Vorgaben Brüssels gerecht zu werden, ließ von der Leyen schreiben. Nämlich bei der »weiteren Korruptionsbekämpfung« – weil das Land bisher offenbar die Ziele nicht erreicht hat – »vor allem auf den oberen Ebenen«. Dies heißt im Klartext: Die politische Klasse klaut wie gehabt. Weiter müsse mehr getan werden zur Einschränkung von undurchsichtigem Lobbyismus und der wirkungsvollen Bekämpfung von Geldwäsche. Mit anderen Worten: In der Ukraine zirkuliert nach wie vor jede Menge Schwarzgeld, mit dem unter anderem Politiker gekauft werden können. Und die Agrarkonzerne, um deren Export- und damit Profitmöglichkeiten sich der kollektive Westen solche Sorgen macht, verticken nach Angaben ukrainischer Korruptionsbekämpfer ihre Ware am liebsten gegen Bargeld, um keine Steuern zahlen zu müssen. Diese Konzerne kommen übrigens auch aus EU-Europa.
Von der Leyen geht nach dem Motto vor: »Die Fahne hoch, die Augen fest geschlossen.« Sie will der ukrainischen Gesellschaft, von der sich vor zehn Jahren ein Teil auf das Traumschiff EU phantasiert hat – in Unkenntnis dessen, was das bedeutet – ein wenigstens symbolisches Erfolgserlebnis zukommen lassen, wenn schon der Krieg keine hergibt. Sonst könnte ja jemand zwischen Lwiw und Charkiw auf die Idee kommen, das Spiel sei vielleicht doch den Einsatz nicht wert gewesen. Das darf nicht sein: »Sie kämpfen nicht nur für ihre eigene Freiheit, Demokratie und Zukunft, sondern auch für unsere«, sagte sie jüngst an die Adresse des ukrainischen Volkes gerichtet. Hauptsache, die Belobigten merken nicht, dass sie in dieser Gedankenfigur die Benutzten sind.
Man könnte die Sache sarkastisch nehmen und sagen: Na gut, es ist ja nicht das erste Mal. Das notorisch korrupte Griechenland hat die EU wider besseres Wissen aufgenommen, bei Bulgarien und Rumänien hat sie auch aus geopolitischen Erwägungen die Augen zugedrückt, warum also jetzt nicht auch die korrupte Ukraine in die Arme schließen. »Wir« schaffen auch das noch. Dubiose Lobbys, über die der Fortschrittsbericht im ukrainischen Fall mäkelt, gibt es ja in Brüssel auch jetzt schon. Indessen: Das schlechte Beispiel verdrängt in der Regel das gute, und so weiß niemand, ob mit der Zeit nicht weniger die Ukraine sich »europäisiert«, als die EU »ukrainischer« wird. Und dann werden sich wieder alle fragen, wie es dazu habe kommen können.
EU-Beitrittsverhandlungen mit Ukraine Von Reinhard Lauterbach Yves Herman/Reuters
Perfekt im Schönreden: EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen am Mittwoch in Brüssel
Bekanntlich kann man vom selben Glas Wasser sagen, es sei halb voll oder halb leer. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat sich gegenüber der Ukraine für die erste Variante entschieden. Ihr Bericht, den das Plenum der Kommission am Mittwoch durchgewinkt hat, spricht von erheblichen Fortschritten, die die Ukraine auf dem Weg zur Annäherung an EU-Standards erzielt habe.
Das Kleingedruckte sieht ein bisschen anders aus: Die Ukraine müsse noch mehr tun, um den Vorgaben Brüssels gerecht zu werden, ließ von der Leyen schreiben. Nämlich bei der »weiteren Korruptionsbekämpfung« – weil das Land bisher offenbar die Ziele nicht erreicht hat – »vor allem auf den oberen Ebenen«. Dies heißt im Klartext: Die politische Klasse klaut wie gehabt. Weiter müsse mehr getan werden zur Einschränkung von undurchsichtigem Lobbyismus und der wirkungsvollen Bekämpfung von Geldwäsche. Mit anderen Worten: In der Ukraine zirkuliert nach wie vor jede Menge Schwarzgeld, mit dem unter anderem Politiker gekauft werden können. Und die Agrarkonzerne, um deren Export- und damit Profitmöglichkeiten sich der kollektive Westen solche Sorgen macht, verticken nach Angaben ukrainischer Korruptionsbekämpfer ihre Ware am liebsten gegen Bargeld, um keine Steuern zahlen zu müssen. Diese Konzerne kommen übrigens auch aus EU-Europa.
Von der Leyen geht nach dem Motto vor: »Die Fahne hoch, die Augen fest geschlossen.« Sie will der ukrainischen Gesellschaft, von der sich vor zehn Jahren ein Teil auf das Traumschiff EU phantasiert hat – in Unkenntnis dessen, was das bedeutet – ein wenigstens symbolisches Erfolgserlebnis zukommen lassen, wenn schon der Krieg keine hergibt. Sonst könnte ja jemand zwischen Lwiw und Charkiw auf die Idee kommen, das Spiel sei vielleicht doch den Einsatz nicht wert gewesen. Das darf nicht sein: »Sie kämpfen nicht nur für ihre eigene Freiheit, Demokratie und Zukunft, sondern auch für unsere«, sagte sie jüngst an die Adresse des ukrainischen Volkes gerichtet. Hauptsache, die Belobigten merken nicht, dass sie in dieser Gedankenfigur die Benutzten sind.
Man könnte die Sache sarkastisch nehmen und sagen: Na gut, es ist ja nicht das erste Mal. Das notorisch korrupte Griechenland hat die EU wider besseres Wissen aufgenommen, bei Bulgarien und Rumänien hat sie auch aus geopolitischen Erwägungen die Augen zugedrückt, warum also jetzt nicht auch die korrupte Ukraine in die Arme schließen. »Wir« schaffen auch das noch. Dubiose Lobbys, über die der Fortschrittsbericht im ukrainischen Fall mäkelt, gibt es ja in Brüssel auch jetzt schon. Indessen: Das schlechte Beispiel verdrängt in der Regel das gute, und so weiß niemand, ob mit der Zeit nicht weniger die Ukraine sich »europäisiert«, als die EU »ukrainischer« wird. Und dann werden sich wieder alle fragen, wie es dazu habe kommen können.
Wie im Kommentar zu lesen, werden hoffentlich, wenn überhaupt, noch Jahrzehnte vergehen.
Aber als offizieller Beitritts Kandidat, gibt es ja auch schon jährlich, reichlich €uros aus Brüssel.
HeranführungshilfeEU überweist Beitrittskandidaten 14 Milliarden Euro für Reformen
Kommentar