*Berlin in Europa* – wie ist Berlin da positioniert? Und welches Schicksal erwartet die Stadt durch die neue globale Arbeitsteilung? Wie könnte Berlin vorausschauend darauf reagieren, dass auch hochqualifizierte Produkte und Dienstleistungen zunehmend dem globalen Wettbewerb ausgesetzt sind und woanders produziert werden können? Sehr lange kann es nicht mehr dauern, bis die Chinesen anspruchsvolle Autos bauen, die mit BMW oder Audi konkurrieren können. Erfordert die Dynamik der globalisierten Märkte nicht, dass auch eine Stadt wie Berlin versucht, unverwechselbare neue Konzepte, neue Produkte, neues Know-how zu entwickeln, die nicht so schnell universalisierbar sind?
Den Abbau von Arbeitsplätzen in der Industrie hat Berlin hinter sich. Die 95 000 Industriearbeitsplätze, die es noch gibt, sind relativ stabil; die gegenwärtige Wirtschaftskrise hat zunächst Standorte getroffen, die einen großen Manufakturanteil und hohe Exportquoten haben. Berlin ist mehr in der normalen Produktionskette tätig und in der nachgelagerten Dienstleistungsindustrie, wozu Forschung und Entwicklung, Medien, Kanzleien, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie die Politik und der politische Verwaltungsapparat zählen. Das federt Berlin etwas ab. Hinzu kommen viele positive Ansätze im wissenschaftsnahen High-Tech-Bereich.
Berlin hat auch eine relativ starke Position bei alternativen Energien wie der Solarindustrie. Der Begriff der *Produktion* löst sich in Deutschland tendenziell auf. IBM ist zwar noch neben Microsoft die größte Computerfirma, hat aber die physische Produktion von Bauelementen fast vollständig aufgegeben. Dennoch bleibt IBM eine starke Firma, weil der Dienstleistungsanteil in den Produkten selbst stetig steigt. Man nimmt Apple als amerikanische Firma wahr, doch das physische Produkt wird zu 99 Prozent in Asien produziert. Wenn 1,3 Milliarden Chinesen genauso intelligent sind wie die Deutschen, aber fleißiger und in absehbarer Zeit besser ausgebildet, während wir Deutschen immer mehr eine türkische Mentalität annehmen, bekommen wir ein größeres Problem.
Muss Berlin nicht mittelfristig darüber nachdenken, wie es sich neu erfinden kann?Berlin hat auch eine relativ starke Position bei alternativen Energien wie der Solarindustrie. Der Begriff der *Produktion* löst sich in Deutschland tendenziell auf. IBM ist zwar noch neben Microsoft die größte Computerfirma, hat aber die physische Produktion von Bauelementen fast vollständig aufgegeben. Dennoch bleibt IBM eine starke Firma, weil der Dienstleistungsanteil in den Produkten selbst stetig steigt. Man nimmt Apple als amerikanische Firma wahr, doch das physische Produkt wird zu 99 Prozent in Asien produziert. Wenn 1,3 Milliarden Chinesen genauso intelligent sind wie die Deutschen, aber fleißiger und in absehbarer Zeit besser ausgebildet, während wir Deutschen immer mehr eine türkische Mentalität annehmen, bekommen wir ein größeres Problem.
Die Intelligenz kommt zwar nach Berlin, aber nicht Politiker erfinden, was sie hier tut; das entscheidet sie selbst. Was war denn der Beitrag des preußischen Ministerpräsidenten oder des Reichskanzlers Bismarck dazu, dass die großen Firmen in Berlin wie AEG, Borsig, Siemens entstanden sind? Ein vernünftiges Ausbildungssystem, ein vernünftiger Rechtsrahmen, eine vernünftige Infrastruktur, eine vernünftige Verwaltung. Das war es, was sie geleistet haben. An Washington, D. C., kann man ablese, was ein Regierungsstandort mit den Jahren bewirken kann; es zieht viele Forschungszentren an, auch der CIA ist ein großer Arbeitgeber. Allein der Bundesnachrichtendienst wird 4 000 Mitarbeiter nach Berlin ziehen.
Und baut das teuerste neue Gebäude überhaupt in Berlin; man spricht von annähernd einer Milliarde Euro.Über die Hauptstadtfunktion kommen eine Menge Arbeitsplätze zusammen. In Bonn machte diese Funktion etwa 25 000 Beamte und den dazugehörigen Apparat aus. Das Hauptstadtelement in Berlin heute mit seinen Anlagerungen bis zum Catererdienst, der bei Empfängen Häppchen anliefert, würde für eine Stadt von 300 000 bis 500 000 Einwohnern ausreichen, mehr nicht. Weiteres, wie Wissenschaft, muss hinzukommen. Berlin bietet von der Infrastruktur her Raum für 4,5 Millionen, so ist es einmal konzipiert und gebaut worden. Für die Entwicklung von Berlin wird die Bundesebene eine gewaltige Rolle spielen, das ist klar. Für die Entwicklung von Berlin als Stadt kommen Medien, Unternehmen, Wissenschaft usw. hinzu. Daneben spielt die Stadtverwaltung selbst eine begrenzte Rolle, am meisten in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik. Der Rest sind Dienstleistungsfunktionen, Innenverwaltung, Finanzverwaltung, Justizverwaltung, Sozialämter – alles, was man braucht, um die Stadt zu verwalten.
Hauptstadt und Stadt beeinflussen sich, aber die Stadt kann von der Hauptstadtfunktion alleine nicht leben. Erstaunlich ist, dass diese beiden Entitäten heute weitgehend nebeneinander her leben. Ein Elitewechsel hat in der politischen Klasse der Stadt Berlin noch nicht stattgefunden. Die Parteienlandschaft und diejenigen, die eigentlich entscheiden über Planungen und Karrieren in der Stadt selbst, sind doch trotz eines gewissen Personalaustauschs annähernd identisch geblieben. Es ist fast beängstigend, wie sehr diese Parteiapparate sich hermetisch abriegeln gegen das Eindringen westdeutscher Persönlichkeiten und Erfahrungen. Es fällt auf, wie viele Personen, die nicht gerade durch bahnbrechende Modernisierungsimpulse aufgefallen sind, eine große Rolle in der Stadt spielen. Werden in Berlin nicht immer noch die alten Filetstücke benagt?Schauen Sie sich das Personal auf Landesebene in Hessen oder in Nordrhein-Westfalen an. Ich halte das auch nicht für allzu eindrucksvoll. Wenn bedeutende Figuren in Erscheinung treten, können sie durchaus einen unterschied ausmachen. Biedenkopf mit seiner geistigen Breite für Sachsen hat einen gewaltigen Unterschied gemacht, Strauß und selbst Stoiber haben für Bayern einen Unterschied ausgemacht. Wo das nicht so ist, bricht aber auch nichts zusammen. Rüttgers wird nicht zu einer historischen Figur in Nordrhein-Westfalen werden, er wird aber auch keinen allzu großen Schaden anrichten.
Zusammenbrechen wird nichts, aber bleiben latente Möglichkeiten nicht unrealisiert?Wäre Wowereit eine Mischung aus Kurt Biedenkopf, Willy Brandt und Freiherr von und zu Guttenberg, könnte er natürlich mehr für die Stadt bewirken.
Wenn der Regierende Bürgermeister proklamiert, Berlin sei die Stadt des Wissens, und dann nicht zur historischen Wiedereröffnung der Akademie der Künste kommt, statt dessen lieber zu einem Spiel von Hertha BSC geht, ist das ein Zeichen, das nicht gut ankommt. Lebt da ein Oberbürgermeister seine persönlichen Idiosynkrasien aus? Warum hat Berlin nicht versucht zu sagen: Wir als Stadt strengen uns an, die wegweisenden Erfahrungen aus anderen Hauptstädten und Metropolen so aufzunehmen, dass wir Fehler, die andere Städte gemacht haben, nicht mehr machen müssen? Wir sammeln das Beste und vermeiden die bekannten Fehler?Im Unterschied zu Rem Koolhaas meine ich, dass Hans Stimmann mit seiner rigiden Stadtbaupolitik für Berlin ein absoluter Triumph war. Insbesondere ist das ein ästhetisches Urteil, weil die moderne Architektur zu achtzig Prozent aus funktionalen und ästhetischen Irrtümern besteht. Und weil man sich, wenn man eine Stadt zügig wieder aufbaut, am besten an den herkömmlichen Stadtgrundriss hält. Frankfurt, Hannover, Köln sind katastrophale Beispiele, wo man es anders gemacht hat und es besser wissen wollte nach dem Krieg. Insoweit war die Rekonstruktionspolitik eine richtige Sache. Das hat Stimmann mit Energie gemacht, und weil die Berliner Politik von der Grundstruktur her sehr indolent ist (seine Indolenz ist das schöne an Berlin), konnte ein leicht verhaltensgestörter Senatsbaudirektor wie Hans Stimmann architektonisch letztlich machen, was er wollte.
Das einzelne Haus hätte in vielen Fällen besser werden können, aber dass der Stadtgrundriss wiederherstellt, dass bis zu einer Traufhöhe gebaut wird und das der einzelne Irrtum vernünftig eingerahmt ist, das ist gut. Die Architektur am Leipziger Platz ist Mittelmaß, der Platz als solcher ist es nicht, wenn er fertig ist. Der alte städtische Platz ist wieder da. Berlin müsste Stadt der Intellektuellen und der Elite sein, aber die Stadt in ihren politischen Strömungen ist nicht elitär aufgestellt, sondern in ihrer Gesinnung eher plebejisch und kleinbürgerlich.
Hätte man auf der Ebene der Verwaltung oder auf der Ebene beispielsweise der Transportsysteme, der energetischen Gebäudesanierung der Stadt nicht mehr an Modernisierung leisten müssen?Das einzelne Haus hätte in vielen Fällen besser werden können, aber dass der Stadtgrundriss wiederherstellt, dass bis zu einer Traufhöhe gebaut wird und das der einzelne Irrtum vernünftig eingerahmt ist, das ist gut. Die Architektur am Leipziger Platz ist Mittelmaß, der Platz als solcher ist es nicht, wenn er fertig ist. Der alte städtische Platz ist wieder da. Berlin müsste Stadt der Intellektuellen und der Elite sein, aber die Stadt in ihren politischen Strömungen ist nicht elitär aufgestellt, sondern in ihrer Gesinnung eher plebejisch und kleinbürgerlich.
Das öffentliche Nahverkehrssystem von Berlin ist im weltweiten Vergleich hervorragend, mit einem Nahverkehrsanteil wie nirgendwo sonst…
…und den langsamsten Fahrkartenautomaten der Welt. Diese sind auch nicht touristenfreundlich, die komplizierten Menüs sind nur auf Deutsch zu lesen. An verkehrsbehindernden Baustellen wird im Schneckentempo gearbeitet; wenn die Polizei Absperrungen vornimmt, stürzt sie die Verkehrsführung ins Chaos. Auf einen internationalen Führerschein muss man monatelange warten; Zuständigkeiten sind oft selbst Mitarbeitern der Verwaltung nicht bekannt; in Parks liegen Spritzen und Plastiktüten herum. Im Gropiusbau gibt es eine schöne Ausstellung über das Bauhaus mit vielen Besuchern. Wenn man aus dem Museum kommt, liegt die Straße zwischen den renovierten Gebäuden des Preußischen Landtags und des Gropiusbaus voller Flaschen und Abfällen, weil die Mülleimer so klein sind, dass sie überquellen.Das sind die Organisationsmängel der Stadtreinigung, und dazu gehören auch die zwanzig Tonnen Hammelbeine aus dem Tiergarten. Die Berliner Verwaltung ist keine gute Verwaltung, auch wenn sie etwas besser geworden ist, weil sie kontinuierlich kleiner wurde. Das war ein Beitrag zur Qualitätssteigerung. Die Berliner haben vor allem keine gute Auswahl an Führungskräften, wie sie sie zu schlecht bezahlen.
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