Spediteure blockiert
Polnische Trucker sperren Grenzübergänge zur Ukraine wegen konkurrierender Transportfirmen
Von Reinhard Lauterbach
Seit inzwischen zwei Wochen blockieren polnische Lkw-Unternehmer mehrere Grenzübergänge zwischen Polen und der Ukraine. An diesem Mittwoch sollen die Proteste auch auf den größten Straßenübergang zwischen beiden Ländern in Medyka bei Przemyśl und zeitlich bis zum 3. Januar ausgedehnt werden. Slowakische Speditionsfirmen haben angekündigt, sich den Blockaden anzuschließen, wenn die EU den Forderungen der polnischen Branche nicht nachkomme.
Nach Angaben der Organisatoren des Protests auf polnischer Seite haben sich die Marktbedingungen für dortige Spediteure seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs und der Sanktionen dramatisch verschlechtert. Einerseits dadurch, dass die Transporte in den GUS-Raum, an dem sie traditionell einen hohen Anteil hatten, infolge der EU-Sanktionen gegen Russland zum Erliegen gekommen sind. Zweitens, und dies ist der Anlass für die aktuellen Proteste, habe die EU die Konkurrenzbedingungen zuungunsten der polnischen Firmen verändert, als sie im Sommer 2022 die bisherige Konzessionspflicht für ukrainische Speditionen auf EU-Gebiet einseitig aufgehoben hat. Noch bis Sommer 2024 können letztere auch den Transportmarkt zwischen den EU-Ländern und ihrer Heimat uneingeschränkt bedienen. Als Folge ist der Anteil polnischer Speditionen an diesem Segment des Transportmarktes von vor dem Krieg etwa 40 auf jetzt fünf Prozent zurückgegangen. Die ukrainischen Speditionen profitierten von geringeren Spritkosten, Löhnen in der Größenordnung von einem Drittel der polnischen Monatsgehälter und praktisch keinen Sozialabgaben, monieren die Organisatoren der Proteste. Das Argument, man müsse einem Land im Krieg helfen, erkennen sie sowieso nicht an.
Was die polnische Transportbranche bei ihren Protesten verschweigt, ist die Tatsache, dass die Ukraine ihr ihre eigene Melodie vorspielt: Genau mit denselben Mitteln, nämlich in erster Linie mit abgenutzten Fahrzeugen und Billiglohnkonkurrenz, haben die polnischen Betriebe seit 2004 ein Viertel des EU-weiten Markts der Lkw-Transporte erobert und erwirtschaften sechs Prozent des polnischen Sozialprodukts.
Von ukrainischer Seite wird die Schieflage in der Sache nicht bestritten. Sie nimmt aber in Anspruch, dass sie als »kämpfendes Land« das Recht habe, solche Kostenvorteile auszunutzen. Der ukrainische Botschafter in Warschau, Wassil Swaritsch, sprach deshalb im Zusammenhang mit den Protesten sofort von einem »Dolchstoß in den Rücken der Ukraine«. Die EU hat die polnische Regierung bereits aufgefordert, die Proteste an den Grenzen zu beenden und den »freien Warenverkehr« wieder zu ermöglichen. Die polnische Polizei hält sich aber – sicherlich auch wegen des bevorstehenden Regierungswechsels – mit Aktionen gegen die protestierenden Trucker zurück.
Vor den Grenzübergängen sind die Schlangen inzwischen auf beiden Seiten auf jeweils bis zu 40 Kilometer angewachsen – und dies, obwohl die polnischen Fahrer angaben, bis zu vier »kommerzielle« Transporte mit ukrainischen Nummernschildern pro Stunde, den gesamten Personenverkehr sowie Transporte mit »humanitärer Hilfe« und Militärnachschub durchzulassen. Die Ukraine ist seit dem Beginn der Proteste offenbar dazu übergegangen, polnische Lastzüge, die bereits im Land sind, gezielt zu schikanieren. So werden sie offenbar systematisch aus der »elektronischen Warteschlange« bei der Ausreise entfernt und müssen sich kurz vor der Grenze neu registrieren – was Wartezeiten von bis zu zwei Wochen mit sich bringt. Wobei von polnischen Lastzügen, die leer mehr als 14 Tage in der Ukraine stehen, unabhängig vom Grund der Verzögerung eine Strafgebühr von 5.000 Euro verlangt wird.
Egal, wie der Streit letztlich ausgeht: Er zeigt, welche Verwerfungen auf die EU-Volkswirtschaften zukommen, wenn die Ukraine dem Staatenbündnis tatsächlich beitritt. Und er zeigt auch, wem diese »europäische Integration« der Ukraine unter dem Strich nutzt.
Polnische Trucker sperren Grenzübergänge zur Ukraine wegen konkurrierender Transportfirmen
Von Reinhard Lauterbach
Seit inzwischen zwei Wochen blockieren polnische Lkw-Unternehmer mehrere Grenzübergänge zwischen Polen und der Ukraine. An diesem Mittwoch sollen die Proteste auch auf den größten Straßenübergang zwischen beiden Ländern in Medyka bei Przemyśl und zeitlich bis zum 3. Januar ausgedehnt werden. Slowakische Speditionsfirmen haben angekündigt, sich den Blockaden anzuschließen, wenn die EU den Forderungen der polnischen Branche nicht nachkomme.
Nach Angaben der Organisatoren des Protests auf polnischer Seite haben sich die Marktbedingungen für dortige Spediteure seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs und der Sanktionen dramatisch verschlechtert. Einerseits dadurch, dass die Transporte in den GUS-Raum, an dem sie traditionell einen hohen Anteil hatten, infolge der EU-Sanktionen gegen Russland zum Erliegen gekommen sind. Zweitens, und dies ist der Anlass für die aktuellen Proteste, habe die EU die Konkurrenzbedingungen zuungunsten der polnischen Firmen verändert, als sie im Sommer 2022 die bisherige Konzessionspflicht für ukrainische Speditionen auf EU-Gebiet einseitig aufgehoben hat. Noch bis Sommer 2024 können letztere auch den Transportmarkt zwischen den EU-Ländern und ihrer Heimat uneingeschränkt bedienen. Als Folge ist der Anteil polnischer Speditionen an diesem Segment des Transportmarktes von vor dem Krieg etwa 40 auf jetzt fünf Prozent zurückgegangen. Die ukrainischen Speditionen profitierten von geringeren Spritkosten, Löhnen in der Größenordnung von einem Drittel der polnischen Monatsgehälter und praktisch keinen Sozialabgaben, monieren die Organisatoren der Proteste. Das Argument, man müsse einem Land im Krieg helfen, erkennen sie sowieso nicht an.
Was die polnische Transportbranche bei ihren Protesten verschweigt, ist die Tatsache, dass die Ukraine ihr ihre eigene Melodie vorspielt: Genau mit denselben Mitteln, nämlich in erster Linie mit abgenutzten Fahrzeugen und Billiglohnkonkurrenz, haben die polnischen Betriebe seit 2004 ein Viertel des EU-weiten Markts der Lkw-Transporte erobert und erwirtschaften sechs Prozent des polnischen Sozialprodukts.
Von ukrainischer Seite wird die Schieflage in der Sache nicht bestritten. Sie nimmt aber in Anspruch, dass sie als »kämpfendes Land« das Recht habe, solche Kostenvorteile auszunutzen. Der ukrainische Botschafter in Warschau, Wassil Swaritsch, sprach deshalb im Zusammenhang mit den Protesten sofort von einem »Dolchstoß in den Rücken der Ukraine«. Die EU hat die polnische Regierung bereits aufgefordert, die Proteste an den Grenzen zu beenden und den »freien Warenverkehr« wieder zu ermöglichen. Die polnische Polizei hält sich aber – sicherlich auch wegen des bevorstehenden Regierungswechsels – mit Aktionen gegen die protestierenden Trucker zurück.
Vor den Grenzübergängen sind die Schlangen inzwischen auf beiden Seiten auf jeweils bis zu 40 Kilometer angewachsen – und dies, obwohl die polnischen Fahrer angaben, bis zu vier »kommerzielle« Transporte mit ukrainischen Nummernschildern pro Stunde, den gesamten Personenverkehr sowie Transporte mit »humanitärer Hilfe« und Militärnachschub durchzulassen. Die Ukraine ist seit dem Beginn der Proteste offenbar dazu übergegangen, polnische Lastzüge, die bereits im Land sind, gezielt zu schikanieren. So werden sie offenbar systematisch aus der »elektronischen Warteschlange« bei der Ausreise entfernt und müssen sich kurz vor der Grenze neu registrieren – was Wartezeiten von bis zu zwei Wochen mit sich bringt. Wobei von polnischen Lastzügen, die leer mehr als 14 Tage in der Ukraine stehen, unabhängig vom Grund der Verzögerung eine Strafgebühr von 5.000 Euro verlangt wird.
Egal, wie der Streit letztlich ausgeht: Er zeigt, welche Verwerfungen auf die EU-Volkswirtschaften zukommen, wenn die Ukraine dem Staatenbündnis tatsächlich beitritt. Und er zeigt auch, wem diese »europäische Integration« der Ukraine unter dem Strich nutzt.
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