Sieht nicht gut aus im Kabinett - Eine Ministerin weg, zwei am Pranger: Scholz’ Kabinett droht ihm um die Ohren zu fliegen
Die Ampel steht zurzeit nicht gut da. Das liegt vor allem daran, dass ein Teil des Kabinetts den Aufgaben nicht gerecht wird. Drei Minister standen in den vergangenen Wochen scharf in der Kritik. Eine ist nun gegangen. Und die anderen beiden?
Nach gerade einmal 127 Tagen im Amt wurden in der Ampel bereits drei Minister(innen) mit Rücktrittforderungen konfrontiert: die Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD), die Familienministerin Anne Spiegel (Grüne) und der Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
Spiegel ist dem Ruf am Montagmittag nach den drängenden Bitten ihrer Partei gefolgt. Bleiben zwei. Für Bundeskanzler Olaf Scholz wäre es blamabel, im ersten Jahr gleich drei Minister auszutauschen. Das würde eine Kabinettsumbildung bedeuten. Auf der anderen Seite muss er sich fragen: Wann ist der Schaden größer? Wenn sie gehen? Oder wenn sie bleiben?
Es gibt wenig, was einer Regierung so schadet, wie der Rücktritt von Bundesminister(innen)
Oft ist die Verteilung von Ministerämtern in Parteien vergleichbar mit höherer Mathematik. Neben politischem „Know-How“ und im besten Fall noch etwas Fachkenntnis müssen verschiedene Flügel vertreten und Bundesländer berücksichtigt werden. Manchmal wird dabei dann ein Amtsträger ausgewählt, weil ein bestimmter Landesverband noch nicht bedient wurde oder noch eine Frau fehlte. Das ist die traurige Quotenwahrheit.
Am Ende steht ein Kabinett, von dem alle Koalitionsparteien hoffen, dass es hält. Denn es gibt wenig, was einer Regierung so schadet, wie der Rücktritt von Bundesministern oder -ministerinnen. Weshalb in der Regel versucht wird, diesen Schritt so lange wie nur möglich zu vermeiden.
Scholz degradiert seine Verteidigungsministerin Lambrecht am laufenden Band
Dass die Verteidigungsministerin ihr Amt niederlegt, hat zunächst (natürlich) die Opposition gefordert - CSU-Chef Markus Söder, um genau zu sein. Doch auch den Reihen der Ampel-Abgeordneten wächst nun hinter vorgehaltener Hand die Verwunderung, warum Scholz einen Rücktritt Lambrechts für ausgeschlossen hält. Immer wieder war Lambrecht in den vergangenen Wochen in die Kritik geraten. Ob bei der Zurückhaltung in Sachen Waffenlieferungen oder mit hohen Schuhen beim Truppenbesuch in der malischen Wüste – die SPD-Politikerin kommt in ihrem Amt nicht an, wenn sie sich auch bemühen mag.
Fragt man bei den Truppen nach, erzählen einige, sie würden sich für die Ministerin schämen. „Im Auswärtigen Amt sitzt endlich jemand Gescheites, und uns haben sie jetzt so eine auf’s Auge gedrückt“, sagt ein Soldat gegenüber FOCUS Online. Seinen Namen möchte er nicht öffentlich genannt haben. Das gebe sonst nur Ärger.
Verteidigen will Scholz seine Ministerin nicht vor solchen Aussagen (sonst hätte er es schon getan). Im Gegenteil: ihm scheint wenig an Lambrechts Ansehen zu liegen. Immerhin hat er die Öffentlichkeit oft genug wissen lassen, wer in der Verteidigungspolitik eigentlich das Sagen hat: nämlich der Bundeskanzler. So soll das Kanzleramt nach Informationen von FOCUS Online Waffenlieferungen von Schützenpanzern blockieren, die die Ministerin durchaus für richtig hielt. Es geht dabei um eine Reihe von Mardern der Firma Rheinmetall. „Lambrecht könnte sich bei den Waffenlieferungen nicht durchsetzen, selbst, wenn sie wollte“, erzählt ein Koalitionsmitglied.
Auch beim Sondervermögen hat Scholz deutlich gemacht: das Geld gibt am Ende nicht Lambrecht aus, sondern er. Das ist eben Chefsache. Dennoch und bei aller Kritik: Lambrecht soll im Amt bleiben, so sagt es das Kanzleramt.
Mitarbeiter des BMG sprechen von „chaotischen Zuständen“
Gleiches gilt für Lauterbach. Auch er sitzt fest im Sattel, wenn man das Kanzleramt fragt. Fragt man jedoch im Bundesgesundheitsministerium (BMG) oder gar bei den Gesundheitsverbänden, sehen die Rückmeldungen doch etwas anders aus.
Mitarbeiter des BMG berichten von chaotischen Zuständen. Lauterbach befasse sich so gut wie ausschließlich mit Corona. Der SPD-Politiker ziehe zudem Auftritte in den Medien der Sacharbeit vor. Wer einen Termin im BMG bekommt, kriegt provisorisch gleich dazugesagt: Es könne sein, dass spontan abgesagt werde. Es kann dann gut sein, dass Lauterbach am Abend bei Markus Lanz zu sehen ist.
Dort scheint er sich ohnehin am wohlsten zu fühlen. Sein Parteichef Lars Klingbeil sagte mal in einer Sendung zu dem Moderator, als dieser immer weiter beim Thema Nord Stream II nachbohrte: „Herr Lanz, wenn ich mich anders als bisher dazu äußere, dann sicher nicht hier. Sondern in einem angemessenen Rahmen und zu einer angemessenen Zeit.“ Ein Grundsatz, der Lauterbach fremd ist – und wofür ihn nicht nur die Opposition, sondern auch einige Kabinettskollegen kritisieren.
Den schlimmsten Tiefpunkt erlebte der Gesundheitsminister in der vergangenen Woche, als die Impfpflicht im Bundestag scheiterte. Bis zum Schluss hatte er gedacht, es könnte noch funktionieren. Dafür hätte er die Union gebraucht. Doch anstatt am Mittwochabend vor der Debatte noch einmal den Austausch zu suchen, um einen Kompromiss zu finden, trat Lauterbach bei Markus Lanz auf – wie sollte es auch anders sein.
Die Kritik an dem Gesundheitsminister fiel – gerade in den vergangenen Tagen - entsprechend hart aus. Diverse Politiker kritisierten den SPD-Mann, auch aus den Ampel Reihen. Und in den sozialen Medien trendete der Hashtag #LauterbachRuecktritt. Kein Grund zur Aufregung findet Lauterbach selbst. Er selbst sieht keinerlei Anlass dafür sein Amt niederzulegen oder Fehler einzugestehen. Das ist ohnehin nicht seine Stärke.
Scholz trägt am Ende die Verantwortung für sein Kabinett
Während Lambrecht und Lauterbach sich weiter über Wasser halten, ist die ehemalige Familienministerin Anne Spiegel schon einen Schritt weiter. Die Grünen-Politikerin ist aufgrund des politischen Drucks zurückgetreten. Oder wie sie formuliert, um „weiteren Schaden vom Amt abzuwenden“. Wenn es nicht mehr geht, dann geht es nicht mehr.
So weit muss es bei Lambrecht und Lauterbach vielleicht gar nicht gehen. Zumindest Lambrecht hat in der Vergangenheit gezeigt, dass sie sich in anderen Ressorts deutlich besser zurechtfindet. Es wäre jedoch riskant, gar nichts zu ändern. Denn so viel Kritik kommt nicht vom Ungefähr. Und Olaf Scholz muss sich fragen, ob diese Bundesregierung gerade ihren Anforderungen gerecht wird. Denn als Bundeskanzler trägt er am Ende die Verantwortung dafür. Man wird das Versagen anderer dann mit seiner Führung in Verbindung bringen.
Die Ampel steht zurzeit nicht gut da. Das liegt vor allem daran, dass ein Teil des Kabinetts den Aufgaben nicht gerecht wird. Drei Minister standen in den vergangenen Wochen scharf in der Kritik. Eine ist nun gegangen. Und die anderen beiden?
Nach gerade einmal 127 Tagen im Amt wurden in der Ampel bereits drei Minister(innen) mit Rücktrittforderungen konfrontiert: die Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD), die Familienministerin Anne Spiegel (Grüne) und der Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
Spiegel ist dem Ruf am Montagmittag nach den drängenden Bitten ihrer Partei gefolgt. Bleiben zwei. Für Bundeskanzler Olaf Scholz wäre es blamabel, im ersten Jahr gleich drei Minister auszutauschen. Das würde eine Kabinettsumbildung bedeuten. Auf der anderen Seite muss er sich fragen: Wann ist der Schaden größer? Wenn sie gehen? Oder wenn sie bleiben?
Es gibt wenig, was einer Regierung so schadet, wie der Rücktritt von Bundesminister(innen)
Oft ist die Verteilung von Ministerämtern in Parteien vergleichbar mit höherer Mathematik. Neben politischem „Know-How“ und im besten Fall noch etwas Fachkenntnis müssen verschiedene Flügel vertreten und Bundesländer berücksichtigt werden. Manchmal wird dabei dann ein Amtsträger ausgewählt, weil ein bestimmter Landesverband noch nicht bedient wurde oder noch eine Frau fehlte. Das ist die traurige Quotenwahrheit.
Am Ende steht ein Kabinett, von dem alle Koalitionsparteien hoffen, dass es hält. Denn es gibt wenig, was einer Regierung so schadet, wie der Rücktritt von Bundesministern oder -ministerinnen. Weshalb in der Regel versucht wird, diesen Schritt so lange wie nur möglich zu vermeiden.
Scholz degradiert seine Verteidigungsministerin Lambrecht am laufenden Band
Dass die Verteidigungsministerin ihr Amt niederlegt, hat zunächst (natürlich) die Opposition gefordert - CSU-Chef Markus Söder, um genau zu sein. Doch auch den Reihen der Ampel-Abgeordneten wächst nun hinter vorgehaltener Hand die Verwunderung, warum Scholz einen Rücktritt Lambrechts für ausgeschlossen hält. Immer wieder war Lambrecht in den vergangenen Wochen in die Kritik geraten. Ob bei der Zurückhaltung in Sachen Waffenlieferungen oder mit hohen Schuhen beim Truppenbesuch in der malischen Wüste – die SPD-Politikerin kommt in ihrem Amt nicht an, wenn sie sich auch bemühen mag.
Fragt man bei den Truppen nach, erzählen einige, sie würden sich für die Ministerin schämen. „Im Auswärtigen Amt sitzt endlich jemand Gescheites, und uns haben sie jetzt so eine auf’s Auge gedrückt“, sagt ein Soldat gegenüber FOCUS Online. Seinen Namen möchte er nicht öffentlich genannt haben. Das gebe sonst nur Ärger.
Verteidigen will Scholz seine Ministerin nicht vor solchen Aussagen (sonst hätte er es schon getan). Im Gegenteil: ihm scheint wenig an Lambrechts Ansehen zu liegen. Immerhin hat er die Öffentlichkeit oft genug wissen lassen, wer in der Verteidigungspolitik eigentlich das Sagen hat: nämlich der Bundeskanzler. So soll das Kanzleramt nach Informationen von FOCUS Online Waffenlieferungen von Schützenpanzern blockieren, die die Ministerin durchaus für richtig hielt. Es geht dabei um eine Reihe von Mardern der Firma Rheinmetall. „Lambrecht könnte sich bei den Waffenlieferungen nicht durchsetzen, selbst, wenn sie wollte“, erzählt ein Koalitionsmitglied.
Auch beim Sondervermögen hat Scholz deutlich gemacht: das Geld gibt am Ende nicht Lambrecht aus, sondern er. Das ist eben Chefsache. Dennoch und bei aller Kritik: Lambrecht soll im Amt bleiben, so sagt es das Kanzleramt.
Mitarbeiter des BMG sprechen von „chaotischen Zuständen“
Gleiches gilt für Lauterbach. Auch er sitzt fest im Sattel, wenn man das Kanzleramt fragt. Fragt man jedoch im Bundesgesundheitsministerium (BMG) oder gar bei den Gesundheitsverbänden, sehen die Rückmeldungen doch etwas anders aus.
Mitarbeiter des BMG berichten von chaotischen Zuständen. Lauterbach befasse sich so gut wie ausschließlich mit Corona. Der SPD-Politiker ziehe zudem Auftritte in den Medien der Sacharbeit vor. Wer einen Termin im BMG bekommt, kriegt provisorisch gleich dazugesagt: Es könne sein, dass spontan abgesagt werde. Es kann dann gut sein, dass Lauterbach am Abend bei Markus Lanz zu sehen ist.
Dort scheint er sich ohnehin am wohlsten zu fühlen. Sein Parteichef Lars Klingbeil sagte mal in einer Sendung zu dem Moderator, als dieser immer weiter beim Thema Nord Stream II nachbohrte: „Herr Lanz, wenn ich mich anders als bisher dazu äußere, dann sicher nicht hier. Sondern in einem angemessenen Rahmen und zu einer angemessenen Zeit.“ Ein Grundsatz, der Lauterbach fremd ist – und wofür ihn nicht nur die Opposition, sondern auch einige Kabinettskollegen kritisieren.
Den schlimmsten Tiefpunkt erlebte der Gesundheitsminister in der vergangenen Woche, als die Impfpflicht im Bundestag scheiterte. Bis zum Schluss hatte er gedacht, es könnte noch funktionieren. Dafür hätte er die Union gebraucht. Doch anstatt am Mittwochabend vor der Debatte noch einmal den Austausch zu suchen, um einen Kompromiss zu finden, trat Lauterbach bei Markus Lanz auf – wie sollte es auch anders sein.
Die Kritik an dem Gesundheitsminister fiel – gerade in den vergangenen Tagen - entsprechend hart aus. Diverse Politiker kritisierten den SPD-Mann, auch aus den Ampel Reihen. Und in den sozialen Medien trendete der Hashtag #LauterbachRuecktritt. Kein Grund zur Aufregung findet Lauterbach selbst. Er selbst sieht keinerlei Anlass dafür sein Amt niederzulegen oder Fehler einzugestehen. Das ist ohnehin nicht seine Stärke.
Scholz trägt am Ende die Verantwortung für sein Kabinett
Während Lambrecht und Lauterbach sich weiter über Wasser halten, ist die ehemalige Familienministerin Anne Spiegel schon einen Schritt weiter. Die Grünen-Politikerin ist aufgrund des politischen Drucks zurückgetreten. Oder wie sie formuliert, um „weiteren Schaden vom Amt abzuwenden“. Wenn es nicht mehr geht, dann geht es nicht mehr.
So weit muss es bei Lambrecht und Lauterbach vielleicht gar nicht gehen. Zumindest Lambrecht hat in der Vergangenheit gezeigt, dass sie sich in anderen Ressorts deutlich besser zurechtfindet. Es wäre jedoch riskant, gar nichts zu ändern. Denn so viel Kritik kommt nicht vom Ungefähr. Und Olaf Scholz muss sich fragen, ob diese Bundesregierung gerade ihren Anforderungen gerecht wird. Denn als Bundeskanzler trägt er am Ende die Verantwortung dafür. Man wird das Versagen anderer dann mit seiner Führung in Verbindung bringen.
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