Das können wir uns nicht mehr leisten
Gesetzliche Rente: Eine tickende Zeitbombe
Zu viele Rentner, die immer länger leben, zu wenig Erwerbsfähige, die zu kurz einzahlen – seit Jahrzehnten ist absehbar, dass die Rechnung nicht mehr aufgeht. Kamen Anfang der Sechzigerjahre noch sechs Arbeitende auf einen Rentner, sind es jetzt nur noch rund zwei. Auf Dauer wird die Zahl sogar auf anderthalb schrumpfen.
Dabei reichen die Beiträge schon heute nicht aus, um die aktuell fälligen Renten zu zahlen.
Das Geld fließt nur deshalb regelmäßig, weil der Bund jedes Jahr mehr als 100 Milliarden Euro an Steuergeldern zuschießt. Das ist rund ein Viertel des Haushalts. Und in 25 Jahren wird es die Hälfte sein.
So kann es nicht weitergehen.
Das hat auch die Ampel erkannt und macht sich in Gestalt von Arbeitsminister Hubertus Heil und Finanzminister Christian Lindner daran, ein neues Rentenpaket aufzusetzen. Noch vor Ende der Sommerpause soll der Gesetzentwurf vorliegen. Eine Sprecherin des Arbeitsministeriums ließ bereits durchblicken, dass damit insbesondere das Rentenniveau von 48 Prozent dauerhaft gesichert werden solle, um die gesetzliche Rente "auch für die heute junge Generation verlässlich zu gestalten".
Das ist ein durchaus sinnvolles Vorhaben, schließlich sind schon 48 Prozent nicht gerade üppig. Das Rentenniveau zeigt, wie sich die durchschnittliche Rente im Vergleich zum durchschnittlichen Einkommen eines Arbeitnehmers verhält (mehr dazu hier). Doch damit es für die junge Generation nicht nur verlässlich, sondern auch fair zugeht, müsste die Bundesregierung am besten an drei Stellschrauben gleichzeitig drehen: den Beitragssätzen, der Rentenhöhe und dem Renteneintrittsalter. Alles keine Themen, mit denen man sich bei den Wählern beliebt macht.
Offenbar aber trauen sich SPD, Grüne und FDP was: Im Gegensatz zur Haltelinie beim Rentenniveau wollen sie die Haltelinie bei den Rentenbeiträgen nach 2025 nicht fortführen. Der Beitragssatz könnte dann über 20 Prozent steigen – und das wäre auch gut so. Denn so ließen sich zumindest noch Teile der Boomer-Generation, also der geburtenstarken Jahrgänge von 1955 bis 1969, an den Kosten beteiligen, bevor sie selbst in Rente gehen.
Falls Sie sich jetzt fragen, was daran gerecht sein soll, zwei Gegenfragen: Wer hat denn das Ticken all die Jahrzehnte ignoriert? Wer hätte auf die Idee kommen können, das System schon viel früher nachhaltig zu ändern? Genau, die Generation meiner Eltern. Doch geschehen ist fast nichts. Die Last müssen deshalb nun andere tragen – wenn sich nichts ändert.
"Der Status quo ist, dass wir von der jungen zur älteren Generation umverteilen", sagte Monika Schnitzer, Vorsitzende der "Wirtschaftsweisen", kürzlich im Nachrichtenpodcast "Lage der Nation". Dabei hätten die Jüngeren bereits genug zu leisten. Auch Schnitzer spricht sich dafür aus, die Babyboomer stärker in die Verantwortung zu nehmen. Nicht nur, indem die Beitragssätze jetzt steigen, sondern auch durch Umverteilung innerhalb ihrer Generation.
Vorbild dafür könnte Österreich sein:
Statt die Renten wie hierzulande in der Auszahlungsphase für alle analog zu den Löhnen steigen zu lassen, erhöhen sich bei unseren Nachbarn die Renten derjenigen, die eine geringe Rente haben, stärker als jene von Ruheständlern mit hohen Bezügen. Lesen Sie hier, wie die Rentenanpassung aktuell in Deutschland funktioniert.
Eine Alternative wäre, den Rentenanstieg insgesamt zu begrenzen.
Das würde jene treffen, die besonders lange leben – und damit die Richtigen. Denn laut Schnitzer sind das typischerweise diejenigen, die besser verdient haben und die nicht allein auf die gesetzliche Rente angewiesen sind, weil sie zum Beispiel ein Haus besitzen oder privat und betrieblich vorgesorgt haben. "Die könnten das gut wegstecken", so die Ökonomin Schnitzer.
Doch nur, weil sie in der Lage wären, die Last zu stemmen, wird ein Rütteln an der Rentenhöhe den Betroffenen noch lange nicht gefallen. Wer mag sich schon etwas wegnehmen lassen? Diesen Unmut möchte die Ampelkoalition offenbar nicht auch noch auf sich ziehen. Von einem Deckel für den Rentenanstieg ist bisher keine Rede. Nötig wäre er trotzdem.
Genauso übrigens wie die dritte und wohl noch unbeliebtere Möglichkeit, um die Rente vor dem Kollaps zu bewahren: eine erneute Anhebung des Renteneintrittsalters. Ja, es gibt Jobs, die sind schon jetzt nicht bis 67 Jahre durchzuhalten. Für die Betroffenen müsste es Ausnahmen geben. Doch vorausgesetzt, die Lebenserwartung steigt weiter, wäre es für alle anderen durchaus zumutbar, auch entsprechend länger zu arbeiten. Inzwischen beziehen die Bundesbürger im Schnitt 20,5 Jahre lang Rente. 2004 waren es noch rund 17 Jahre, 1960 gerade einmal 7.
Auf Dauer können wir uns einen immer längeren Rentenbezug nicht leisten.
Oder wie es der damalige SPD-Arbeitsminister Franz Müntefering ausdrückte, als er 2006 quasi im Alleingang das Eintrittsalter auf 67 Jahre anhob: "Da muss man kein Mathematiker sein, da reicht Volksschule Sauerland, um zu wissen: Wir müssen irgendetwas machen."
Gesetzliche Rente: Eine tickende Zeitbombe
Zu viele Rentner, die immer länger leben, zu wenig Erwerbsfähige, die zu kurz einzahlen – seit Jahrzehnten ist absehbar, dass die Rechnung nicht mehr aufgeht. Kamen Anfang der Sechzigerjahre noch sechs Arbeitende auf einen Rentner, sind es jetzt nur noch rund zwei. Auf Dauer wird die Zahl sogar auf anderthalb schrumpfen.
Dabei reichen die Beiträge schon heute nicht aus, um die aktuell fälligen Renten zu zahlen.
Das Geld fließt nur deshalb regelmäßig, weil der Bund jedes Jahr mehr als 100 Milliarden Euro an Steuergeldern zuschießt. Das ist rund ein Viertel des Haushalts. Und in 25 Jahren wird es die Hälfte sein.
So kann es nicht weitergehen.
Das hat auch die Ampel erkannt und macht sich in Gestalt von Arbeitsminister Hubertus Heil und Finanzminister Christian Lindner daran, ein neues Rentenpaket aufzusetzen. Noch vor Ende der Sommerpause soll der Gesetzentwurf vorliegen. Eine Sprecherin des Arbeitsministeriums ließ bereits durchblicken, dass damit insbesondere das Rentenniveau von 48 Prozent dauerhaft gesichert werden solle, um die gesetzliche Rente "auch für die heute junge Generation verlässlich zu gestalten".
Das ist ein durchaus sinnvolles Vorhaben, schließlich sind schon 48 Prozent nicht gerade üppig. Das Rentenniveau zeigt, wie sich die durchschnittliche Rente im Vergleich zum durchschnittlichen Einkommen eines Arbeitnehmers verhält (mehr dazu hier). Doch damit es für die junge Generation nicht nur verlässlich, sondern auch fair zugeht, müsste die Bundesregierung am besten an drei Stellschrauben gleichzeitig drehen: den Beitragssätzen, der Rentenhöhe und dem Renteneintrittsalter. Alles keine Themen, mit denen man sich bei den Wählern beliebt macht.
Offenbar aber trauen sich SPD, Grüne und FDP was: Im Gegensatz zur Haltelinie beim Rentenniveau wollen sie die Haltelinie bei den Rentenbeiträgen nach 2025 nicht fortführen. Der Beitragssatz könnte dann über 20 Prozent steigen – und das wäre auch gut so. Denn so ließen sich zumindest noch Teile der Boomer-Generation, also der geburtenstarken Jahrgänge von 1955 bis 1969, an den Kosten beteiligen, bevor sie selbst in Rente gehen.
Falls Sie sich jetzt fragen, was daran gerecht sein soll, zwei Gegenfragen: Wer hat denn das Ticken all die Jahrzehnte ignoriert? Wer hätte auf die Idee kommen können, das System schon viel früher nachhaltig zu ändern? Genau, die Generation meiner Eltern. Doch geschehen ist fast nichts. Die Last müssen deshalb nun andere tragen – wenn sich nichts ändert.
"Der Status quo ist, dass wir von der jungen zur älteren Generation umverteilen", sagte Monika Schnitzer, Vorsitzende der "Wirtschaftsweisen", kürzlich im Nachrichtenpodcast "Lage der Nation". Dabei hätten die Jüngeren bereits genug zu leisten. Auch Schnitzer spricht sich dafür aus, die Babyboomer stärker in die Verantwortung zu nehmen. Nicht nur, indem die Beitragssätze jetzt steigen, sondern auch durch Umverteilung innerhalb ihrer Generation.
Vorbild dafür könnte Österreich sein:
Statt die Renten wie hierzulande in der Auszahlungsphase für alle analog zu den Löhnen steigen zu lassen, erhöhen sich bei unseren Nachbarn die Renten derjenigen, die eine geringe Rente haben, stärker als jene von Ruheständlern mit hohen Bezügen. Lesen Sie hier, wie die Rentenanpassung aktuell in Deutschland funktioniert.
Eine Alternative wäre, den Rentenanstieg insgesamt zu begrenzen.
Das würde jene treffen, die besonders lange leben – und damit die Richtigen. Denn laut Schnitzer sind das typischerweise diejenigen, die besser verdient haben und die nicht allein auf die gesetzliche Rente angewiesen sind, weil sie zum Beispiel ein Haus besitzen oder privat und betrieblich vorgesorgt haben. "Die könnten das gut wegstecken", so die Ökonomin Schnitzer.
Doch nur, weil sie in der Lage wären, die Last zu stemmen, wird ein Rütteln an der Rentenhöhe den Betroffenen noch lange nicht gefallen. Wer mag sich schon etwas wegnehmen lassen? Diesen Unmut möchte die Ampelkoalition offenbar nicht auch noch auf sich ziehen. Von einem Deckel für den Rentenanstieg ist bisher keine Rede. Nötig wäre er trotzdem.
Genauso übrigens wie die dritte und wohl noch unbeliebtere Möglichkeit, um die Rente vor dem Kollaps zu bewahren: eine erneute Anhebung des Renteneintrittsalters. Ja, es gibt Jobs, die sind schon jetzt nicht bis 67 Jahre durchzuhalten. Für die Betroffenen müsste es Ausnahmen geben. Doch vorausgesetzt, die Lebenserwartung steigt weiter, wäre es für alle anderen durchaus zumutbar, auch entsprechend länger zu arbeiten. Inzwischen beziehen die Bundesbürger im Schnitt 20,5 Jahre lang Rente. 2004 waren es noch rund 17 Jahre, 1960 gerade einmal 7.
Auf Dauer können wir uns einen immer längeren Rentenbezug nicht leisten.
Oder wie es der damalige SPD-Arbeitsminister Franz Müntefering ausdrückte, als er 2006 quasi im Alleingang das Eintrittsalter auf 67 Jahre anhob: "Da muss man kein Mathematiker sein, da reicht Volksschule Sauerland, um zu wissen: Wir müssen irgendetwas machen."
Kommentar