Beleidigungen im StraßenverkehrWas Verkehrsteilnehmer über Beleidigungen wissen sollten:
- Wann liegt eine Beleidigung vor?
- Was kann eine Beleidigung kosten?
- Wird die Tat in die Verkehrszentralkartei eingetragen?
- Kann wegen einer Beleidigung die Fahrerlaubnis
entzogen werden?
Ein Verkehrsteilnehmer will wissen "Herr Wachtmeister, darf man zu einem Polizeibeamten Rindvieh sagen?" "Selbstverständlich nicht". "Darf man zu einem Rindvieh Herr Wachtmeister sagen?" "Selbstverständlich". "Dann auf Wiedersehen Herr Wachtmeister!" So lustig ist es mit den Beleidigungen von Polizeibeamten normalerweise nicht.
Eine Beleidigung kann nach § 185 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden. Bei tätlichen Beleidigungen kann sogar eine Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren verhängt werden. Für Beleidigungen im Straßenverkehr werden üblicherweise Geldstrafen verhängt.
Bei Geldstrafen ist das Maß aller Dinge der "Tagessatz". Die Höhe des Tagessatzes ergibt sich aus dem monatlich (verbrauchbaren) Nettoeinkommen, geteilt durch 30. Der Tagessatz bei einem Nettoeinkommen von 2.500 € beträgt demnach (abgerundet) 80 €.
Für heute im Verkehr üblicherweise verwendete Beleidigungen wie "Rindvieh", "Bulle", "Hund", "Idiot", "Schlampe", "dumme Kuh", "blödes Weib", muss je nach den Umständen mit 15 bis 70 Tagessätzen gerechnet werden. Für das Zeigen eines "Stinkefingers" – auch über eine automatische Videoüberwachungsanlage – sind 40 Tagessätze einzukalkulieren. Bei einem Einkommen von 2.500 € würde dies eine Geldstrafe von 3.200 € ergeben.
Zur Geldstrafe, die meist an eine wohltätige Einrichtung zu zahlen ist, kommen Gerichtskosten, die Kosten eines Verteidigers und Aufwendungen für Zeugen hinzu. Die Rechtsschutzversicherung zahlt nicht, weil sie bei vorsätzlichen Taten, wie Beleidigungen, nicht eintrittspflichtig ist. Die Strafe kann in die Flensburger Zentralkartei eingetragen werden, wenn mit der Beleidigung zugleich das Fahrverhalten eines anderen Verkehrsteilnehmers beanstandet wurde. Dass die Fahrerlaubnis nur wegen einer Beleidigung entzogen wurde, ist nicht bekannt. Die Ankündigung, "Ich hau Dir die Schnauze voll..." war nach Auffassung des LG Berlin jedenfalls nicht ausreichend, um eine Entziehung der Fahrerlaubnis zu rechtfertigen.
Dass man sich bei Gerichten nicht einmal auf die Höhe der Geldstrafe verlassen kann, wird daran deutlich, dass für die Bezeichnung "Schlampe" schon zwischen 75 € und 20 Tagessätzen aufgewendet werden mussten. Ein bekannter Exfußballstar soll zu 90.000 € verurteilt worden sein, weil er Polizisten mit "Schönen Abend noch" begrüßt hat. Bedauerlicherweise hatten die Polizisten statt dieser freundlichen Begrüßung das Wort "Arschloch" gehört.
Während das Zeigen eines "Vogels" üblicherweise zwischen 20 und 30 Tagessätzen kostet, stellt das Zeigen des "Doppelvogels", also das Tippen mit beiden Zeigefingern an die Stirn, die Gerichte offensichtlich vor Probleme. Zum Glück tritt dieses Problem nur selten auf, weil kaum jemand auf die Idee kommt, sich mit beiden Fingern an die Stirn zu fassen. Nach Meinung des OLG Düsseldorf ist das Zeigen des "Doppelvogels" nicht als ehrverletzende Geste anzusehen. Ein anderes Gericht erblickte in dem "Doppelvogel" eine Beleidigung, die mit 40 Tagessätzen geahndet wurde. Deshalb sollte auf den "Doppelvogel" als Ausrede für den einfachen "Vogel" nur in seltenen Fällen zurückgegriffen werden.
Wer einer Bestrafung wegen Beleidigung entgehen will, muss dringend davor gewarnt werden, das Götz-Zitat vollständig auszusprechen. Wer lediglich äußert, "Wissen Sie was, Sie können mich mal", hat gute Chancen vor Gericht ungeschoren davonzukommen. So hat das Oberlandesgericht Karlsruhe von einer Bestrafung wegen Beleidigung abgesehen, weil mit dieser Äußerung nicht in jedem Fall und ohne Zweifel eine Missachtung oder Nichtachtung zum Ausdruck gebracht werde. Sie könne sowohl bedeuten, "Sie können mich mal kreuzweise" als auch, "Sie können mich mal gern haben" (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 01.06.04, VRS Bd. 107/04, 102). Natürlich könnte sie auch bedeuten, "Sie können mich mal verwarnen, Herr Wachtmeister".
Das BayObLG hatte sich mit der bedeutsamen und bisher ungeklärten Frage zu befassen, ob Polizeibeamte, die eine Verkehrskontrolle durchführen, ungestraft als "Wegelagerer" bezeichnet werden dürfen. Das Amtsgericht hatte den am Weg Belagerten zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 70 € also 2.100 € verurteilt. Nachdem das Landgericht im Berufungsverfahren die Strafe ermäßigt hatte, sprach ihn das BayObLG vom Vorwurf der Beleidigung frei, weil unklar war, was der Angeklagte eigentlich gemeint hatte. Mit der Bezeichnung der Polizeibeamten als "Wegelagerer" könnte der Angeklagte den Polizeibeamten vorgeworfen haben, dass sie Kraftfahrern am Straßenrand auflauern und ihnen in strafbarer Weise Geld abnehmen. Die Äußerung könne aber auch als seine Kritik an der Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten in seinem konkreten Fall aufgefasst werden. Schließlich sei es auch möglich, dass der Angeklagte mit der Bezeichnung "Wegelagerer" nur seinem Unmut über Verkehrskontrollen im allgemeinen Ausdruck verleihen wollte.
Da Kritik an Verkehrskontrollen weder im allgemeinen noch im konkreten Fall strafbar und nicht anzunehmen sei, dass der Angeklagte die Polizeibeamten als Straßenräuber bezeichnen wollte, wurde der Angeklagte von dem Vorwurf der Beleidigung freigesprochen (BayObLG, Beschluss vom 20.10.2004 – 1 St RR 153/04 – zfs 2005, 262).
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass Beleidigung ein sogenanntes Antragsdelikt ist, das nur bestraft wird, wenn fristgemäß Strafantrag gestellt wird. Wer sich beleidigt fühlt und bei der Polizei Strafanzeige erstatten und Strafantrag stellen will, sollte sich darüber im Klaren sein, dass dies für den Anzeigeerstatter mit erheblichen Unannehmlichkeiten und Zeitaufwand verbunden sein kann. Selbst wenn das Verfahren nicht schon im Vorverfahren wegen Geringfügigkeit oder wegen fehlenden öffentlichen Interesses eingestellt wird, muss der Anzeigende damit rechnen, als Zeuge zum Gerichtstermin erscheinen zu müssen. Dies mag für Rentner, die gern reisen, vielleicht eine nette Abwechslung sein. Im Normalfall wird die Teilnahme an einer Gerichtsverhandlung für einen Zeugen mit Aufregung und Zeitaufwand verbunden sein. Nicht selten wird das Verfahren vom Gericht eingestellt, weil Aussage gegen Aussage steht.
Stichworte: Beleidigung im Straßenverkehr
Autor: Rechtsanwalt Dr. Klaus van der Velden
17.05.2006
(Quelle: abc-recht.de)
- Wann liegt eine Beleidigung vor?
- Was kann eine Beleidigung kosten?
- Wird die Tat in die Verkehrszentralkartei eingetragen?
- Kann wegen einer Beleidigung die Fahrerlaubnis
entzogen werden?
Ein Verkehrsteilnehmer will wissen "Herr Wachtmeister, darf man zu einem Polizeibeamten Rindvieh sagen?" "Selbstverständlich nicht". "Darf man zu einem Rindvieh Herr Wachtmeister sagen?" "Selbstverständlich". "Dann auf Wiedersehen Herr Wachtmeister!" So lustig ist es mit den Beleidigungen von Polizeibeamten normalerweise nicht.
Eine Beleidigung kann nach § 185 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden. Bei tätlichen Beleidigungen kann sogar eine Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren verhängt werden. Für Beleidigungen im Straßenverkehr werden üblicherweise Geldstrafen verhängt.
Bei Geldstrafen ist das Maß aller Dinge der "Tagessatz". Die Höhe des Tagessatzes ergibt sich aus dem monatlich (verbrauchbaren) Nettoeinkommen, geteilt durch 30. Der Tagessatz bei einem Nettoeinkommen von 2.500 € beträgt demnach (abgerundet) 80 €.
Für heute im Verkehr üblicherweise verwendete Beleidigungen wie "Rindvieh", "Bulle", "Hund", "Idiot", "Schlampe", "dumme Kuh", "blödes Weib", muss je nach den Umständen mit 15 bis 70 Tagessätzen gerechnet werden. Für das Zeigen eines "Stinkefingers" – auch über eine automatische Videoüberwachungsanlage – sind 40 Tagessätze einzukalkulieren. Bei einem Einkommen von 2.500 € würde dies eine Geldstrafe von 3.200 € ergeben.
Zur Geldstrafe, die meist an eine wohltätige Einrichtung zu zahlen ist, kommen Gerichtskosten, die Kosten eines Verteidigers und Aufwendungen für Zeugen hinzu. Die Rechtsschutzversicherung zahlt nicht, weil sie bei vorsätzlichen Taten, wie Beleidigungen, nicht eintrittspflichtig ist. Die Strafe kann in die Flensburger Zentralkartei eingetragen werden, wenn mit der Beleidigung zugleich das Fahrverhalten eines anderen Verkehrsteilnehmers beanstandet wurde. Dass die Fahrerlaubnis nur wegen einer Beleidigung entzogen wurde, ist nicht bekannt. Die Ankündigung, "Ich hau Dir die Schnauze voll..." war nach Auffassung des LG Berlin jedenfalls nicht ausreichend, um eine Entziehung der Fahrerlaubnis zu rechtfertigen.
Dass man sich bei Gerichten nicht einmal auf die Höhe der Geldstrafe verlassen kann, wird daran deutlich, dass für die Bezeichnung "Schlampe" schon zwischen 75 € und 20 Tagessätzen aufgewendet werden mussten. Ein bekannter Exfußballstar soll zu 90.000 € verurteilt worden sein, weil er Polizisten mit "Schönen Abend noch" begrüßt hat. Bedauerlicherweise hatten die Polizisten statt dieser freundlichen Begrüßung das Wort "Arschloch" gehört.
Während das Zeigen eines "Vogels" üblicherweise zwischen 20 und 30 Tagessätzen kostet, stellt das Zeigen des "Doppelvogels", also das Tippen mit beiden Zeigefingern an die Stirn, die Gerichte offensichtlich vor Probleme. Zum Glück tritt dieses Problem nur selten auf, weil kaum jemand auf die Idee kommt, sich mit beiden Fingern an die Stirn zu fassen. Nach Meinung des OLG Düsseldorf ist das Zeigen des "Doppelvogels" nicht als ehrverletzende Geste anzusehen. Ein anderes Gericht erblickte in dem "Doppelvogel" eine Beleidigung, die mit 40 Tagessätzen geahndet wurde. Deshalb sollte auf den "Doppelvogel" als Ausrede für den einfachen "Vogel" nur in seltenen Fällen zurückgegriffen werden.
Wer einer Bestrafung wegen Beleidigung entgehen will, muss dringend davor gewarnt werden, das Götz-Zitat vollständig auszusprechen. Wer lediglich äußert, "Wissen Sie was, Sie können mich mal", hat gute Chancen vor Gericht ungeschoren davonzukommen. So hat das Oberlandesgericht Karlsruhe von einer Bestrafung wegen Beleidigung abgesehen, weil mit dieser Äußerung nicht in jedem Fall und ohne Zweifel eine Missachtung oder Nichtachtung zum Ausdruck gebracht werde. Sie könne sowohl bedeuten, "Sie können mich mal kreuzweise" als auch, "Sie können mich mal gern haben" (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 01.06.04, VRS Bd. 107/04, 102). Natürlich könnte sie auch bedeuten, "Sie können mich mal verwarnen, Herr Wachtmeister".
Das BayObLG hatte sich mit der bedeutsamen und bisher ungeklärten Frage zu befassen, ob Polizeibeamte, die eine Verkehrskontrolle durchführen, ungestraft als "Wegelagerer" bezeichnet werden dürfen. Das Amtsgericht hatte den am Weg Belagerten zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 70 € also 2.100 € verurteilt. Nachdem das Landgericht im Berufungsverfahren die Strafe ermäßigt hatte, sprach ihn das BayObLG vom Vorwurf der Beleidigung frei, weil unklar war, was der Angeklagte eigentlich gemeint hatte. Mit der Bezeichnung der Polizeibeamten als "Wegelagerer" könnte der Angeklagte den Polizeibeamten vorgeworfen haben, dass sie Kraftfahrern am Straßenrand auflauern und ihnen in strafbarer Weise Geld abnehmen. Die Äußerung könne aber auch als seine Kritik an der Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten in seinem konkreten Fall aufgefasst werden. Schließlich sei es auch möglich, dass der Angeklagte mit der Bezeichnung "Wegelagerer" nur seinem Unmut über Verkehrskontrollen im allgemeinen Ausdruck verleihen wollte.
Da Kritik an Verkehrskontrollen weder im allgemeinen noch im konkreten Fall strafbar und nicht anzunehmen sei, dass der Angeklagte die Polizeibeamten als Straßenräuber bezeichnen wollte, wurde der Angeklagte von dem Vorwurf der Beleidigung freigesprochen (BayObLG, Beschluss vom 20.10.2004 – 1 St RR 153/04 – zfs 2005, 262).
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass Beleidigung ein sogenanntes Antragsdelikt ist, das nur bestraft wird, wenn fristgemäß Strafantrag gestellt wird. Wer sich beleidigt fühlt und bei der Polizei Strafanzeige erstatten und Strafantrag stellen will, sollte sich darüber im Klaren sein, dass dies für den Anzeigeerstatter mit erheblichen Unannehmlichkeiten und Zeitaufwand verbunden sein kann. Selbst wenn das Verfahren nicht schon im Vorverfahren wegen Geringfügigkeit oder wegen fehlenden öffentlichen Interesses eingestellt wird, muss der Anzeigende damit rechnen, als Zeuge zum Gerichtstermin erscheinen zu müssen. Dies mag für Rentner, die gern reisen, vielleicht eine nette Abwechslung sein. Im Normalfall wird die Teilnahme an einer Gerichtsverhandlung für einen Zeugen mit Aufregung und Zeitaufwand verbunden sein. Nicht selten wird das Verfahren vom Gericht eingestellt, weil Aussage gegen Aussage steht.
Stichworte: Beleidigung im Straßenverkehr
Autor: Rechtsanwalt Dr. Klaus van der Velden
17.05.2006
(Quelle: abc-recht.de)
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