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120 Jahre Führerschein

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  • 120 Jahre Führerschein

    Ein interessanter Artikel über die Historie des Führerscheins.

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    "Das ist ja ein Wagen ohne Pferd", höhnten einige Passanten, wenn Carl Benz mit seinem Patent-Motorwagen durch die Straßen von Mannheim knatterte. Andere fluchten über den Gestank und den Lärm des Vehikels. Um Ärger zu vermeiden, ließ sich Benz schließlich seine Fahrten von höchster Stelle absegnen. Heute vor 120 Jahren wurde auf seinen Namen der erste Führerschein ausgestellt. In sauberer Handschrift bestätigt ein Beamter des Großherzoglichen Badischen Bezirksamts, dass Benz mit seinem Gefährt öffentliche Straßen benutzen darf.

    Der Autopionier bekam den Führerschein einfach so - ohne Fahrprüfung und theoretischen Test. Deshalb erkennen Experten seinen Schein auch nicht an: "Er hatte keinen Führerschein im heutigen Sinn, weil er nie eine Prüfung abgelegt hat. Er hatte lediglich eine Fahrerlaubnis", präzisiert Bernhard Reiter vom TÜV, der für die heutigen Führerscheinprüfungen verantwortlich ist.

    Führerschein hin, Fahrerlaubnis her - fest steht, dass am 1. August vor 120 Jahren die Geschichte des Führerscheins ihren Anfang nahm. So liberal wie Baden hielten es anfangs übrigens alle Länder. Die Behörden stellten Fahrgenehmigungen aus, ohne sich sonderlich für die Fahrkünste der Antragsteller zu interessieren. Eine reichsweite einheitliche Regelung gab es nicht. Kein Wunder: Autos waren bis dato absolute Raritäten. Niemand wusste, was ein Autofahrer eigentlich können muss. Und so durfte sich letztlich jeder hinters Steuer klemmen, wenn er sich nur traute.

    Videos zum Thema

    Ein Führerschein für Herrn Benz: Die Fahrerlaubnis für den Autoerfinder
    Kuppeln, Schalten, Abgewürgt: Auf dem Verkehrsübungsplatz ist die Hölle los

    Fahrkünste egal - Physikkenntnisse waren gefragt

    Die Verhältnisse änderten sich erst Anfang des 20. Jahrhunderts. Am 29. September 1903 führte Preußen als erstes Land eine "Prüfungspflicht für Wagenlenker" ein. Zuständig für die Abnahme der Prüfungen war der Dampfkesselüberwachungsverein - der Vorläufer des Technischen Überwachungvereins, kurz TÜV -, der ursprünglich die Sicherheit von Dampfkesselanlagen in Industrie und Verkehr gewährleistete und seit 1900 auch für die Überprüfung von Kraftfahrzeugen zuständig war. Wer die Prüfung bestehen wollte, musste vor allem eines können: schrauben. Die Straßen waren schlecht, die Reifen empfindlich. Pannen gehörten zum Autofahren dazu wie das Benzin. Der Frage, wie man den Wagen wieder flott bekommt, wurde daher weit mehr Bedeutung beigemessen als irgendwelchen Vorfahrtregeln. Die Anforderungen an die Fahrkünste waren dagegen gering. Die Prüflinge mussten lediglich ein paar unfallfreie Runden auf dem Hof drehen.

    Weil Autofahren eine schweißtreibende und schmutzige Angelegenheit war, leisteten sich die meisten der ohnehin gut betuchten Autobesitzer einen Chauffeur. Dieser war auch gleich für die Reparaturen am Wagen zuständig. Weil die Nachfrage nach gut ausgebildeten Fahrern wuchs, eröffnete Rudolf Kempf im November 1904 in Aschaffenburg die erste Fahrschule. Der Kurs dauerte zehn Wochen. 350 Stunden insgesamt drückten die angehenden Chauffeure die Schulbank. Auf dem Lehrplan standen unter anderem Physik und Elektrotechnik, Werkstattpraxis, Straßenwesen - und lediglich magere acht Fahrstunden auf dem Exerzierplatz.

    Angesichts des niedrigen Verkehrsaufkommens schien ein Fahrtraining zunächst tatsächlich überflüssig. 1907 gab es in Deutschland gerade einmal 10.115 Autos, 557 Lastwagen und 15.954 Motorräder. Doch die Unfälle häuften sich. "Die Leute konnten mit dem Tempo nicht umgehen. Deshalb kam es vor allem an Kreuzungen immer wieder zu Zusammenstößen mit Fuhrwerken, Autos und Reitern", beschreibt Gerhard v. Bressensdorf, Vorsitzender der Europäischen Fahrlehrer-Assoziation heute die Straßenverhältnisse zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts. 1909 wurde erstmals eine alarmierende Zahl veröffentlicht: 86 Menschen waren bei Verkehrsunfällen auf deutschen Straßen ums Leben gekommen. Damit war das Risiko, im Straßenverkehr zu sterben, 62-mal so hoch wie heute.

    Anfangs fuhr nur die Elite

    Es gab ganz klar Handlungsbedarf, und so führte die Reichsregierung 1910 nach 22 Jahren freizügiger Handhabung deutschlandweit die Prüfungspflicht ein. Der graue Führerschein, auch "Lappen" genannt, war geboren. Wer ihn haben wollte, musste mindestens 18 Jahre alt sein, den Besuch einer Fahrschule nachweisen und nicht zuletzt die Fahrprüfung bestehen. Im selben Jahr wurde in Berlin die "Sammelstelle für Führer von Kraftfahrzeugen" eingerichtet. Hier wurden alle grauen Lappen registriert. Sie ist der Vorläufer der Kraftfahrtbundesamtes in Flensburg. 1910 ist daher nach Meinung der Experten das wahre Geburtsjahr des Führerscheins.

    Die Gemeinde der Führerscheinbesitzer blieb trotzdem zunächst überschaubar. Autos waren nach wie vor ein teurer Spaß. Der jährliche Unterhalt kostete fast genauso viel wie ein Neuwagen. Nur die vermögende Oberschicht konnte sich diesen Luxus leisten - Adelsfamilien, Kaufleute, Generäle, Offiziere. Hatten sich die meisten anfangs noch fahren lassen, stieg die Zahl derer, die sich selbst ans Steuer setzten, bis 1920 langsam aber stetig an.

    Kaum Autos und trotzdem viele Unfälle

    Der Erste Weltkrieg verhalf dem Auto zum Durchbruch. Lastwagen, Autos und Motorräder hatten sich schnell unentbehrlich gemacht, und so stockten die Militärs den Fuhrpark im Verlauf des Krieges immer weiter auf. 1918 verfügte das Heer über 25.000 Lastwagen und 12.000 Autos. Rund 150.000 Männer hatten bis 1918 den Führerschein gemacht.

    Zudem begannen Autohersteller wie Opel und Citroën nach dem Krieg mit der Massenproduktion von kleinen und billigen Autos. Nun konnten sich auch Durchschnittsverdiener ein Auto leisten. Von einer Massenmotorisierung, wie sie sich in den USA beobachten ließ, konnte allerdings nicht die Rede sein. Während dort bereits 1928 jeder fünfte Amerikaner ein Auto besaß, gab es in Deutschland vier Jahre zuvor gerade einmal 130.346 Autos. Damit besaß nur jeder fünfhundertste Deutsche ein Auto.

    Dennoch krachte es vergleichbar oft auf deutschen Straßen, und so verschärfte die Reichsregierung 1923 die Führerscheinprüfung. Zum ersten Mal wurden die Prüflinge im realen Verkehr auf die Probe gestellt. Auf der Agenda standen: Blinken, Abbiegen, Bremsen, Überholen und das Verlassen eines Grundstücks in den Straßenverkehr. 1934 änderten die Nationalsozialisten das Regelwerk erneut. Die Prüfer sollten sich nicht zu einer "lascheren Prüfung" verleiten, sondern nur die Besten bestehen lassen - gemäß dem Selektionsprinzip der Bestenauslese. Berufschauffeure mussten sogar ein psychodiagnostisches Testverfahren durchlaufen, um ihre Fähigkeiten zu beweisen. Juden wurde ab 1939 der Führerschein entzogen.

    Führerschein für alle

    Erst in den fünfziger Jahren setzte in Deutschland eine Massenmotorisierung ein - das Wirtschaftswunder machte es möglich. 1956 gab es in der Bundesrepublik rund 1,5 Millionen Autos. Im selben Jahr absolvierten fast eine halbe Million Menschen ihre Führerscheinprüfung. Angesichts des rapide wachsenden Verkehrsaufkommens wurden die Führerscheinprüfungen erneut verschärft. Neben der etwa einstündigen Fahrprüfung gab es auch eine mündliche Prüfung, in der nun auch Verkehrszeichen und Vorfahrtregeln abgefragt wurden. Um gefährliche Situationen anschaulicher zu machen, stellte der Prüfer sie mit Modellautos nach.

    Ende der fünfziger Jahre kamen schließlich auch die ersten Ankreuz-Tests zum Einsatz, wie wir sie heute noch kennen. Viele Prüfstellen fühlten sich dem Ansturm der Fahrschüler damals nicht mehr gewachsen und setzten alles daran, die Prüfungen möglichst effizient zu gestalten. Die Multiple-Choice-Tests bewährten sich - und wurden 1964 erstmals deutschlandweit als schriftliche Prüfung eingeführt. Bis heute hat sich daran im Prinzip nichts geändert. Nur die Prüfungsfragen werden regelmäßig den aktuellen Anforderungen angepasst. Wie man ein Auto repariert, muss man heute als Prüfling nicht mehr wissen. Stattdessen wird die Wirkungsweise verschiedener Drogen abgefragt - und wie sie die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen.
    Hier kannst du deinen Punktestand in Flensburg erfahren.

  • #2
    Ein sehr interessanter Rückblick und als Krönung des Ganzen dieser Verkehrsübungsplatz...ojeeh.Wenn man daran denkt,daß man auch mal so angefangen hat,schreckliche Vorstellung:rofl:
    Was uns nicht umbringt,macht uns hart

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