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„Wir sitzen zwischen den Stühlen“

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  • „Wir sitzen zwischen den Stühlen“

    13. November 2018
    Gesetze müssen realistisch sein.“ Davon ist Vladimir Starosta überzeugt – als Unternehmer und als Verbandspräsident. Und mit Blick auf das derzeit in der EU heftig diskutierte erste Mobilitätspaket ist er sehr sicher, dass „diese Brüsseler Vorschläge überhaupt nicht realistisch“ sind: „Ich kann mir nicht vorstellen“, sagt der Geschäftsführer Starosta, „wie wir einige der dort diskutierten Vorschriften in der Firma umsetzen sollen.“

    Der Unternehmer leitet in Prag das Unternehmen O.K. Trans Praha und steht als Präsident an der Spitze des tschechischen Transportverbandes Cesmad Bohemia. In beiden Funktionen sorgt sich Starosta um das Gesetzespaket für den Straßengüterverkehr, bei dem sich die Abgeordneten im Europäischen Parlament (EP) genauso schwertun, einen Kompromiss zu finden, wie die Verkehrsminister der EU-Staaten.

    „Billiganbieter“ auch in Tschechien
    In der Debatte sehen sich die tschechischen Transportunternehmen zwischen den Positionen der nordwesteuropäischen Road Alliance und jenen der Staaten Südosteuropas. „Wir sitzen zwischen den Stühlen. Auch wir sind damit konfrontiert, dass bulgarische und rumänische Firmen uns Marktanteile abnehmen, weil sie ihre Transporte preiswerter anbieten können als wir.“ Genau wie die Kosten in Deutschland höher seien als in der Tschechischen Republik, seien sie in Tschechien höher als in den Staaten weiter östlich. „Auch wir müssen uns mit sogenannten Billiganbietern auseinandersetzen, auf einem Markt übrigens, der deutlich kleiner ist als der deutsche.“

    Daraus folgt, „dass auch unser Marktanteil sinkt, als Konsequenz eines unfairen Wettbewerbs. Insofern verstehen wir unsere deutschen und französischen Kollegen durchaus.“ Denn als tschechische und auch slowakische Transporteure „haben wir eine andere Sicht auf die sozialen Themen des ersten Mobilitätspakets als die Unternehmen aus Polen, Bulgarien und Rumänien“.

    Das politisch Fatale ist, „dass wir in den Brüsseler Debatten, anders als die meisten Westeuropäer, von Randstaaten wie etwa Spanien abgesehen, keinen gemeinsamen osteuropäischen Standpunkt haben“.

    An zwei Punkten lässt sich die „Mittelstellung“ der tschechischen und slowakischen Transporteure gut veranschaulichen. So lehnen sie – genau wie die Repräsentanten des polnischen bulgarischen und rumänischen Transportgewerbes und anders als die aus westlichen Staaten – Entsendevorschriften für LKW-Fahrer ab.

    Anders als die weiter östlich angesiedelten Firmen und Verbände ist Starosta, „strikt gegen jede Form von Nomadentum in unserem Gewerbe“. Denn diese Praxis „ist unmenschlich, sie zerstört den Straßengüterverkehrsmarkt und die Frachtpreise“, betont er. „Pikant ist nur, dass die Firmen, die ihre Fahrer zwingen, wie Nomaden zu leben, mehrheitlich westliche Unternehmen mit Dependancen in Südosteuropa sind.“

    Über das Ziel hinaus
    Beim Nomadentum argumentiert der Tscheche wie die Vertreter der zur Road Alliance zusammengeschlossenen westlichen Staaten. Anders als sie weist er aber deutlich darauf hin, dass die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Regeln beim Kampf gegen Nomaden in Fahrerkabinen über das Ziel hinausschießen und „absolut legitime Geschäftsstrukturen und Transporte“ diskreditierten.

    Das erkennt Starosta etwa im diskutierten Verbot für Fahrer, Ruhezeiten generell in ihrem LKW verbringen zu dürfen. „Ich kriege zu viel, wenn ich das höre. Das Schlafen in der Kabine gehört doch zum Berufsbild des Fernfahrers. Es zu untersagen, ist ein rein theoretischer Vorschlag, hingeschrieben ohne jedes Wissen darüber, wie es da draußen aussieht.“

    Damit meint der Tscheche zunächst die Tatsache, dass derzeit noch die notwendige Infrastruktur fehlt: Es gibt zu wenige sichere Rastplätze mit akzeptablem sanitären Niveau. Zum anderen verweist Starosta auf die Haftungsprobleme, die sich für ihn als Unternehmer ergeben, wenn sein Fahrer Fahrzeug und damit die transportierte Ladung verlässt – etwa um in einem Hotel zu übernachten. „Wenn der Fahrer die Fracht unbeaufsichtigt lässt, riskiere ich meinen Versicherungsschutz. Wenn dann etwas passiert, hafte ich als Unternehmer womöglich für Millionenschäden.“

    „Wir zahlen die Kosten nicht!“
    Und dann: „Wer übernimmt eigentlich die Mehrkosten, die Unternehmen entstehen, wenn sie ihre Fahrer in anderen Unterkünften als der Fahrerkabine schlafen lassen müssen.“ Diese Frage, auf die er noch keine Antwort bekommen hat, ist für Starosta ein weiterer Beleg dafür, wie wenig Praxisbezug die Vorschriften haben, über die sich in Brüssel Politiker den Kopf zerbrechen.

    „Das gilt auch für die Entsendung: Wer zahlt mir die höheren Kosten die entstehen, wenn ich meinen Fahrern deutschen oder französischen Mindestlohn zahlen muss? Meine Kunden haben schon ab gewunken: Vladimír, das ist dein Problem.“ Aber, betont Starosta „ganz offen“, die höheren Kosten, die das Mobilitätspaket mit sich bringt, „die zahlen wir nicht“.

    Vladimír Starosta
    Der 52-Jährige steht seit 18 Jahren dem tschechischen Transportverband Cesmad Bohemia vor. Direkt nach der politischen Wende in seinem Land gründete er O.K. Trans Praha (500 Beschäftigte, 300 LKW). Das Unternehmen verfügt über ein eigenes Distributionszentrum. Träger des Jahresumsatzes von rund 1,3 Mrd. CKR (50,2 Mio. EUR) ist aber der Transport.

    https://www.dvz.de/rubriken/politik/...4msynr_2yoycJ0

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