Lkw-Fahrer haben akut Probleme.
Die Idee ist schlüssig: Dort, wo die Automobilindustrie innovativste Nutzfahrzeuge präsentiert, sollte auch das Fahrpersonal eine gebührende Rolle spielen. Berufskraftfahrer haben akut viele Probleme. Die
reichen von schwierigen Arbeitsbedingungen über geringe Wertschätzung bis zu ungenügender Infrastruktur.
Und sie bekommen die Marktverwerfungen durch Liberalisierung und Deregulierung in der EU deutlich zu spüren. Deshalb fand diese Veranstaltung auf der IAA Nutzfahrzeugmesse in Hannover am 22. September mit Experten aus Politik, Verbänden, ver.di und zahlreichen
Berufskraftfahrern statt.
Das Thema Sozialdumping zog sich als roter Faden durch die Debatten. Stefan Thyroke, Leiter der Bundesfachgruppe Speditionen, Logistik, Kurier-, Express und Paketdienste in ver.di stellte klar: Nach Protesten und umfangreicher Lobbyarbeit in Brüssel seien Änderungen
beim geplanten EU-Mobilitätspaket zu erwarten. Doch es drohten nach wie vor Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen für das Fahrpersonal. Auch
Professor Dirk Engelhardt, Geschäftsführer des Bundesverbandes Güterverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) erklärte, dass man sich in Brüssel und Berlin
um Änderungen bemühe und eine Taskforce von Transportverbänden mit ver.di gegen Sozialdumping ins Leben gerufen habe. Gemeinsam mit dem Bundesamt für Güterverkehr (BAG), Gewerbeaufsicht und Zoll sollten „Nadelstiche“ für bessere Entlohnung und vernünftige
Arbeitszeiten des Fahrpersonals gesetzt werden.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort
In der EU sei es dringlich, etwas gegen das Ost-West-Gefälle und schädliche Geschäftsmodelle der osteuropäischen Transportbranche zu tun, so Engelhardt.
Die Zustände auf Straßen und Parkplätzen seien schlimm, bestätigte Mathias Krage, Vizepräsident des Deutschen
Speditions- und Logistikverbandes (DSLV).
Dass 40-Tonner keine vernünftigen Parkplätze fänden, Übernachtungsmöglichkeiten für das Fahrpersonal fehlten, das seien Aufgaben, die auch hierzulande noch längst nicht gelöst seien. Die Ost-West-Schieflage im Wettbewerb der europäischen Transportbranche sah Johannes Schraps, Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion
im Ausschuss für Angelegenheiten der EU, als Grundproblem.
Die europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit
sei positiv, doch in manchen Berufen sei es besonders schwierig, sie durch gesetzliche Regelungen sinnvoll auszugestalten. Das zeige sich auch beim EU Mobilitätspaket. Für die Berufskraftfahrer
müsse dringend, „für gleiche Arbeit am gleichen Ort gleicher Lohn durchgesetzt werden“.
Mehr Kontrolleure und schärfere Sanktionen
Dass Vorschriften nicht ohne ausreichende
Kontrollen funktionieren, darüber war man sich einig. Der belgische Polizeihauptkommissar Raymond Lausberg
gilt als ein gefürchteter Kontrolleur. Bei einer Großaktion an drei Kontrollstellen auf der E 40 habe man gerade
wieder über 50 000 Euro für Verstöße verhängt, berichtete er. Das sei in Belgien möglich, da ein nationales Gesetz
die EU-Richtlinie ergänze. Die nationalen Regelungen enthalten empfindliche Strafen. Engelhardt sprach sich für ein zentrales Melderegister aus, „damit hierzulande
kontrolliert werden kann wie in Belgien“. Solange beim BAG 400 Beamte nach Mautvergehen fahnden, während
zur Kontrolle gravierenderer Verstöße wie gegen Lenk- und Ruhezeiten nur 200 Kontrolleure bundesweit im Einsatz seien, würden Strafen nicht schmerzhaft, befürchtete Thyroke. Hinsichtlich verstärkter Kontrollen tue sich politisch etwas, versicherte Udo Schiefner, der für die SPD im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur des Bundestages mitarbeitet.
Die Ausbildung geeigneten Fahrernachwuchses
wurde in der Debatte auch als Problem gesehen. Die Ausbildungsqualität sei bundesweit nicht einheitlich,
die Fluktuation groß. Gerade hier setzten die Kollegen des Kraftfahrerkreises an, erzählt Andreas Kernke, „Wir
bei ver.di aktiven Fahrer sehen das Nachwuchsproblem ganz klar und engagieren uns für eine gute Ausbildung.
Wir nehmen gern Anregungen auf und kommen auch direkt in die Betriebe, um Probleme zu diskutieren und Lösungen zu suchen.“
Fahrermangel hat auch mit
Arbeitsbedingungen zu tun
Das Problem des Fahrermangels ließe sich nur durch veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen lösen und durch Respekt gegenüber den Fahrern, sagte Schiefner. „Sie müssen ordentlich entlohnt werden, vernünftige Arbeitsbedingungen haben und regelmäßig nach Hause zu ihren Familien kommen.“
Vier Sachen seien nötig, sagte Michael Wahl
vom DGB-Projekt „Faire Mobilität“: Die Einführung smarter Tachographen, um Lohnansprüche und Arbeitszeiten exakt
nachweisen zu können; die Nutzung elektronischer Frachtbriefe (eCMR), um die Auftraggeberkette vollständig nachzuvollziehen, der Schutz des Fahrpersonals vor Dumping durch die Aufnahme in die EU-Entsenderichtlinie sowie schärfere Kontrollen, um zu sichern, dass die „Fahrer ausgeruht und sicher arbeiten“ können. Den Appell, gemeinsam vorzugehen und im Gespräch zu
bleiben, bekräftigte am Ende Mitorganisator der Veranstaltung Udo Skoppeck vom Kraftfahrerkreis: „Die Arbeitsbedingungen waren unser eigentliches Thema.
Es sind noch viele andere Probleme angesprochen worden. Doch hat sich gezeigt: Alle Beteiligten haben auch gemeinsame Interessen. Die müssen wir bündeln!“ neh
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Quelle: ver.di Bewegen Heft 7
Die Idee ist schlüssig: Dort, wo die Automobilindustrie innovativste Nutzfahrzeuge präsentiert, sollte auch das Fahrpersonal eine gebührende Rolle spielen. Berufskraftfahrer haben akut viele Probleme. Die
reichen von schwierigen Arbeitsbedingungen über geringe Wertschätzung bis zu ungenügender Infrastruktur.
Und sie bekommen die Marktverwerfungen durch Liberalisierung und Deregulierung in der EU deutlich zu spüren. Deshalb fand diese Veranstaltung auf der IAA Nutzfahrzeugmesse in Hannover am 22. September mit Experten aus Politik, Verbänden, ver.di und zahlreichen
Berufskraftfahrern statt.
Das Thema Sozialdumping zog sich als roter Faden durch die Debatten. Stefan Thyroke, Leiter der Bundesfachgruppe Speditionen, Logistik, Kurier-, Express und Paketdienste in ver.di stellte klar: Nach Protesten und umfangreicher Lobbyarbeit in Brüssel seien Änderungen
beim geplanten EU-Mobilitätspaket zu erwarten. Doch es drohten nach wie vor Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen für das Fahrpersonal. Auch
Professor Dirk Engelhardt, Geschäftsführer des Bundesverbandes Güterverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) erklärte, dass man sich in Brüssel und Berlin
um Änderungen bemühe und eine Taskforce von Transportverbänden mit ver.di gegen Sozialdumping ins Leben gerufen habe. Gemeinsam mit dem Bundesamt für Güterverkehr (BAG), Gewerbeaufsicht und Zoll sollten „Nadelstiche“ für bessere Entlohnung und vernünftige
Arbeitszeiten des Fahrpersonals gesetzt werden.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort
In der EU sei es dringlich, etwas gegen das Ost-West-Gefälle und schädliche Geschäftsmodelle der osteuropäischen Transportbranche zu tun, so Engelhardt.
Die Zustände auf Straßen und Parkplätzen seien schlimm, bestätigte Mathias Krage, Vizepräsident des Deutschen
Speditions- und Logistikverbandes (DSLV).
Dass 40-Tonner keine vernünftigen Parkplätze fänden, Übernachtungsmöglichkeiten für das Fahrpersonal fehlten, das seien Aufgaben, die auch hierzulande noch längst nicht gelöst seien. Die Ost-West-Schieflage im Wettbewerb der europäischen Transportbranche sah Johannes Schraps, Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion
im Ausschuss für Angelegenheiten der EU, als Grundproblem.
Die europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit
sei positiv, doch in manchen Berufen sei es besonders schwierig, sie durch gesetzliche Regelungen sinnvoll auszugestalten. Das zeige sich auch beim EU Mobilitätspaket. Für die Berufskraftfahrer
müsse dringend, „für gleiche Arbeit am gleichen Ort gleicher Lohn durchgesetzt werden“.
Mehr Kontrolleure und schärfere Sanktionen
Dass Vorschriften nicht ohne ausreichende
Kontrollen funktionieren, darüber war man sich einig. Der belgische Polizeihauptkommissar Raymond Lausberg
gilt als ein gefürchteter Kontrolleur. Bei einer Großaktion an drei Kontrollstellen auf der E 40 habe man gerade
wieder über 50 000 Euro für Verstöße verhängt, berichtete er. Das sei in Belgien möglich, da ein nationales Gesetz
die EU-Richtlinie ergänze. Die nationalen Regelungen enthalten empfindliche Strafen. Engelhardt sprach sich für ein zentrales Melderegister aus, „damit hierzulande
kontrolliert werden kann wie in Belgien“. Solange beim BAG 400 Beamte nach Mautvergehen fahnden, während
zur Kontrolle gravierenderer Verstöße wie gegen Lenk- und Ruhezeiten nur 200 Kontrolleure bundesweit im Einsatz seien, würden Strafen nicht schmerzhaft, befürchtete Thyroke. Hinsichtlich verstärkter Kontrollen tue sich politisch etwas, versicherte Udo Schiefner, der für die SPD im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur des Bundestages mitarbeitet.
Die Ausbildung geeigneten Fahrernachwuchses
wurde in der Debatte auch als Problem gesehen. Die Ausbildungsqualität sei bundesweit nicht einheitlich,
die Fluktuation groß. Gerade hier setzten die Kollegen des Kraftfahrerkreises an, erzählt Andreas Kernke, „Wir
bei ver.di aktiven Fahrer sehen das Nachwuchsproblem ganz klar und engagieren uns für eine gute Ausbildung.
Wir nehmen gern Anregungen auf und kommen auch direkt in die Betriebe, um Probleme zu diskutieren und Lösungen zu suchen.“
Fahrermangel hat auch mit
Arbeitsbedingungen zu tun
Das Problem des Fahrermangels ließe sich nur durch veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen lösen und durch Respekt gegenüber den Fahrern, sagte Schiefner. „Sie müssen ordentlich entlohnt werden, vernünftige Arbeitsbedingungen haben und regelmäßig nach Hause zu ihren Familien kommen.“
Vier Sachen seien nötig, sagte Michael Wahl
vom DGB-Projekt „Faire Mobilität“: Die Einführung smarter Tachographen, um Lohnansprüche und Arbeitszeiten exakt
nachweisen zu können; die Nutzung elektronischer Frachtbriefe (eCMR), um die Auftraggeberkette vollständig nachzuvollziehen, der Schutz des Fahrpersonals vor Dumping durch die Aufnahme in die EU-Entsenderichtlinie sowie schärfere Kontrollen, um zu sichern, dass die „Fahrer ausgeruht und sicher arbeiten“ können. Den Appell, gemeinsam vorzugehen und im Gespräch zu
bleiben, bekräftigte am Ende Mitorganisator der Veranstaltung Udo Skoppeck vom Kraftfahrerkreis: „Die Arbeitsbedingungen waren unser eigentliches Thema.
Es sind noch viele andere Probleme angesprochen worden. Doch hat sich gezeigt: Alle Beteiligten haben auch gemeinsame Interessen. Die müssen wir bündeln!“ neh
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Quelle: ver.di Bewegen Heft 7