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Griechenland: Die Probleme werden immer mehr

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    Weiterhin ausweglose Situation für die Flüchtlinge

    Am Wochenende erreichten insgesamt 269 Neuankömmlinge als Flüchtlinge aus der Türkei die griechischen Inseln. Die amtliche Statistik der Koordinationsstelle für Flüchtlinge der griechischen Regierung weist am Dienstagmorgen um 7:30 h für die Inseln 183 Neuankömmlinge des Montags aus. Auf den Inseln befinden sich somit 13.171 Flüchtlinge und Immigranten.

    Foto: Wassilis Aswestopoulos

    Bei Beginn der Gültigkeit des EU-Türkei-Flüchtlingsdeals im März waren es gerade mal knapp 5.000. Insgesamt wurde die als "psychologische Grenze" benannte Zahl von 60.000 Flüchtlingen im Land bereits überschritten. Es könnten mehr werden, wenn Deutschland die Option des Dublin-II-Abkommens wie angekündigt zieht und Flüchtlinge aus Deutschland zurück nach Griechenland schickt.
    Menschen, gefangen in einem hoffnungslosen Bürokratieapparat

    Die Zahl der Neuankömmlinge liegt bei weitem nicht in der Größenordnung des vergangenen Jahres. Doch ergeben sich wegen der langen Aufenthaltsdauer der Menschen in den Lagern zahlreiche Probleme. Die Kapazität der ohnehin kargen Lager auf den Inseln beträgt nur 7.450. Außer der Enge belastet die Aussichtslosigkeit ihrer Lage die Menschen.
    Sie dürfen weder die Insel und eigentlich auch das Lage nicht verlassen, bis ihr Asylantrag bearbeitet ist. Das dauert in Griechenland eine gefühlte Ewigkeit. Zudem steht eine gesetzlich vorgeschriebene Berufungskommission für erstinstanzlich abgelehnte Anträge immer noch nicht zur Verfügung.
    Auf Lesbos in der Inselhauptstadt Mytilene, im Lager Moria machte am Freitag eine halbe Stunde vor Mitternacht das Gerücht von bei der Flucht von der Insel verstorbenen fünf Pakistanern und zwei Marokkanern die Runde. Diese seien in einem LKW auf einer Fähre verstorben. Obwohl das Gerücht von den Mitarbeitern des Lagers, aber auch von den Vertretern der Hilfsorganisationen vehement dementiert wurde, ließen sich die Insassen des Lagers nicht beirren. Knapp 200 von ihnen, den Angaben zufolge ausschließlich Pakistaner, zerschlugen die Autos der Helfer und randalierten.

    Foto: Wassilis Aswestopoulos

    Danach verließen sie das Lager und rannten, von den Lagermitarbeitern verfolgt in das acht Kilometer entfernte Zentrum von Mytilene. Es stellte sich heraus, dass sie von dort aus per Telefon alarmiert worden waren und auf Unbekannte treffen sollten, welche die Mär der toten Leidensgenossen verbreitet hatten. Als sich auch um drei Uhr Samstagfrüh niemand von den Unbekannten einfand, kehrten die Pakistaner ins Lager zurück.
    Doch nicht nur auf den Inseln rumort es. Im Lager Katsika im nordwestlichen Ioannina leiden die Insassen unter dem Regenwetter und dem unzureichenden Wetterschutz im Lager. Der UNHCR hat bereits fünfzig von ihnen in Wohnungen untergebracht. Hundert weitere wollten Anfang der Woche die Überlebensbedingungen nicht akzeptieren und packten ihre Sachen. Sie wurden nach einigen Stunden zum Bleiben überredet.
    Die EU zahlt Griechenland nach Angaben von Immigrationsminister Giannis Mouzalas weitere 115 Millionen Euro für die Unterbringung der Flüchtlinge. Damit sollen auch Wohnungen für die in Zelten unter denkbar schlechten Bedingungen lebenden Menschen geschaffen werden.
    Seltsame Begebenheiten.um den Immigrationsminister herum

    Bezeichnend für die Lage in den Camps und Hotspots ist die Tatsache, dass die griechische Abteilung der Ärzte der Welt (Médecins du Monde - Grèce), ihr ehemaliges Gründungsmitglied, den amtierenden Immigrationsminister Giannis Mouzalas, dringend dazu aufruft, doch wenigstens die unbegleiteten Flüchtlingskinder außerhalb der Lager unterzubringen.
    Um Mouzalas herum entwickeln sich seltsame Begebenheiten. So hat er den Generalsekretär seines Ministeriums, Odysseas Boudouris, regelrecht aus dem Amt gemobbt. Das Generalsekretariat wurde nach dem Flüchtlingsdeal der EU eiligst per Gesetz geschaffen und sollte die Asylanträge, die Unterbringung und die weiteren, Flüchtlinge betreffenden Fragen im Sinn des Deals regeln.

    Foto: Wassilis Aswestopoulos

    Boudouris trat sein Amt im April an, bekam jedoch bis zu seinem Rücktritt am Dienstag keine Zeichnungsvollmacht für Dokumente. Schuld war Mouzalas, der sich weigerte, dem von Alexis Tsipras persönlich auserkorenen Boudouris, die Bestellungsurkunde zu unterzeichnen und dies im Staatsanzeiger zu veröffentlichen.
    Boudouris hingegen schuf sich im Ministerium keine Freunde, als er öffentlich fragte, wieso die Unterbringung von Flüchtlingen in skandinavischen Ländern wie Norwegen 12.000 Euro pro Jahr und Kopf kostet, in Griechenland jedoch mit weit mehr als 15.000 Euro zu Buche schlägt.
    Ohne Amtsvollmacht konnte Boudouris die für die Asylanträge und Verwaltung der Camps notwendige Infrastruktur nicht schaffen, weil er schlicht keine Weisungen erteilen konnte. Er wandte sich mit einem verzweifelten, schriftlich dokumentierten Aufruf an den Premierminister und erklärte detailliert, woran es hakt. Boudouris bat Tsipras um dessen Eingreifen, anderseits sähe er sich gezwungen, zurückzutreten. Das Amt des Premierministers antwortete mit einem Zweizeiler, welcher die Annahme des Rücktritts beinhaltete.
    Schleuser sind bereits alle, die Flüchtlinge transportieren

    Somit müssen die Flüchtlinge weiter warten, bis der Staat sich endlich organisiert. Viele versuchen trotz der geschlossenen Grenzen einen Weg raus aus Griechenland zu finden. Weil jeder, der in seinem Auto einen Flüchtling mitnimmt in den Verdacht gerät, ein Schleuser zu sein, werden selbst einfache Fahrten für die Flüchtlinge nur mit tatsächlichen Schleusern möglich. Diese kassieren dann für die ungefähr 60 Kilometer von Thessaloniki nach Eidomeni pro Kopf bis zu 300 Euro.
    Außer mit solchen Problemen müssen sich die von immer mehr Griechen angefeindeten Flüchtlinge um die Anschläge aus dem rechtsradikalen Lager sorgen. Die mitten im Autonomenviertel Exarchia mit Brandanschlägen verwüsteten Hausbesetzungen, die als selbstorganisierte Flüchtlingsheime dienten, wurden von bekennenden Neonazis angegriffen. Dies geht aus einschlägigen Bekennervideos hervor.
    Das Impfserum für Hepatitis A wird knapp in Griechenland. Dies behauptet mit Berufung auf einschlägige Dokumente, Statistiken und Studien die Ärztekammer Athens. Die Hepatitis A Fälle rund um die schlecht organisierten Flüchtlingslager in Griechenland häufen sich.

    Foto: Wassilis Aswestopoulos

    Auch Angestellte der Lagerverwaltung oder Arbeiter, die für Tätigkeiten in die Lager müssen, werden angesteckt, weil es in den Lagern an ausreichenden hygienischen WC-Anlagen fehlt. Darüber hinaus werden bei entsprechenden Untersuchungen bei immer mehr der Krankenhausbediensteten, die mit Flüchtlingen in Kontakt kommen, Tuberkuloseinfektionen nachgewiesen. Ob diese in direktem Zusammenhang mit den Flüchtlingen stehen, oder ob die Ansteckungen anderweitig erfolgten, kann noch nicht abschließend geklärt werden. Die Presse ist sich jedoch weitgehend einig, dass die Flüchtlinge Schuld haben.
    Offenbar hat aus diesem Grund die Elternversammlung der 5. Grundschule von Oraiokastro nahe Thessaloniki beschlossen, gegen eingeschulte Flüchtlingskinder eine Blockade anzudrohen. Sollten die Kinder auf die Schule kommen, so die Elternversammlung, werde die Schule besetzt.
    Die Ironie der Geschichte ist, dass die betreffende Siedlung in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts vor den Truppen Atatürks aus Kleinasien flüchtenden Griechen gegründet wurde. Was steckt dahinter? Nachfragen ergaben, dass zumindest eine Dame aus der Elternversammlung privat rassistische Motive vehement ausschloss. Sie verwies vielmehr auf die Angst vor Tuberkulose und Hepatitis.
    Die örtlichen Behörden unternehmen nichts, um die Akzeptanz der Bevölkerung zu erhöhen und Sorgen auszuräumen. Im Gegenteil, der zur Nea Dimokratia gehörende Bürgermeister von Oraiokastro, Asterios Govotsis schürt gezielt Ängste, und ist selbst einer derjenigen, die gegen die Flüchtlinge in griechischen Schulen hetzen. Er rief seine Bürger bei einer Versammlung sogar dazu auf, selbst einzugreifen. Auf die Gegenfrage eines Bürgers, wie das denn gehen sollte, meinte Govotsis, "auf legalem Weg geht das nicht".
    Der Bürger bohrte weiter, "also sagst du, dass wir Köpfe einschlagen sollen?". Woraufhin der Bürgermeister mit einem kurzen "Bravo" zustimmend nickte und gleich anfügte, "das hast du gesagt, nicht ich". Der offenbar zum rechten Flügel der Schwesterpartei der CDU, der Nea Dimokratia, gehörende Politiker verfügt über beste Verbindungen innerhalb seiner Partei. Eine Stellungnahme oder gar eine Distanzierung der Nea Dimokratia steht noch aus.

    Quelle: Heise
    Liebe Grüße
    Harry


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