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Einzelkämpfer ... oder besser doch organisieren?

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  • Einzelkämpfer ... oder besser doch organisieren?

    Der Karfreitag und Ostern rücken näher! Diese Tage erinnern mich jedes Jahr auf´s Neue an einen Unverbesserlichen, der sich stets als Einzelkämpfer sah.
    In der Lebensmittelbranche ist es nun mal so, dass es weder Sonn- noch Feiertage gibt. Es wird rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr gearbeitet. Unser Freund, ich nenne ihn mal Udo, hatte eine 5-Tage-Woche und musste am Karfreitag sowie an Ostermontag arbeiten, so wie seine Kollegen auch. Nur die Kraftfahrer mussten an den Feiertagen arbeiten, alle anderen in der Firma hatten frei, wie das meist üblich ist.
    Udo bekam monatlichen Festlohn. Er erwartete, dass er den Karfreitag und den Ostermontag nun extra bezahlt bekommt oder zumindest einen Ausgleich in Freizeit dafür bekommt. Aber nichts dergleichen geschah. Der Disponent schaute verwundert, als Udo seinen Anspruch anmeldete und lehnte die Forderung rigoros ab. Udo ging zum Anwalt und wollte seine Ansprüche gerichtlich geltend machen. Aber gottseidank geriet er an einen Juristen, der ihn richtig beraten hatte und ihm Geld und zusätzlichen Ärger ersparte. Der Anwalt erklärte Udo, dass es keinen gesetzlichen Anspruch auf einen finanziellen oder anders gearteten Ausgleich gibt. Es gibt zwar ein Gesetz, welches den Arbeitgeber zwingt, den Feiertag zu bezahlen, falls der Angestellte nicht arbeitet. Aber Udo hatte gearbeitet und den Tag entsprechend bezahlt bekommen. Eine doppelte Bezahlung sieht das Gesetz nicht vor. Udo war stinkig und verfluchte die deutsche Gesetzgebung, die den Arbeitnehmern ihre Rechte vorenthält. Kurze Zeit später kündigte er den Job und fing in einer anderen Firma an.

    So sind sie, die Einzelkämpfer. Eigentlich kämpfen sie nicht! Wenn sie nicht kriegen was sie wollen, dann ziehen sie Schwanz ein und gehen woanders hin. Mit Kämpfen hat das nichts zu tun. Genau deshalb, weil es diese Einzekämpfer gibt, werden wir unsere Probleme nicht los. Würden diese Pseudo-Einzelkämpfer ihre Energie in die richtige Richtung lenken, hätte es zum Beispiel dieses Problem mit den Feiertagen nicht gegeben. Ein Betriebsrat hätte mit dem Arbeitgeber vorher vereinbart, wie die Feiertage verrechnet werden. Er hat die Macht und auch die Befugnis dazu. Auch die Gewerkschaft hat die Macht, solche Vereinbarungen zu treffen. Der Pseudo-Einzelkämpfer hat nichts, weder die Macht noch die Befugnis, dafür aber eine umso größere Klappe und lange Beine, um die Flucht anzutreten.

    Viele Grüße

    Ramaanda

  • #2
    AW: Einzelkämpfer ... oder besser doch organisieren?

    Jep...

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    • #3
      AW: Einzelkämpfer ... oder besser doch organisieren?

      Zitat von Ramaanda Beitrag anzeigen
      So sind sie, die Einzelkämpfer. Eigentlich kämpfen sie nicht! Wenn sie nicht kriegen was sie wollen, dann ziehen sie Schwanz ein und gehen woanders hin. Mit Kämpfen hat das nichts zu tun. Genau deshalb, weil es diese Einzekämpfer gibt, werden wir unsere Probleme nicht los. Würden diese Pseudo-Einzelkämpfer ihre Energie in die richtige Richtung lenken, hätte es zum Beispiel dieses Problem mit den Feiertagen nicht gegeben. Ein Betriebsrat hätte mit dem Arbeitgeber vorher vereinbart, wie die Feiertage verrechnet werden. Er hat die Macht und auch die Befugnis dazu. Auch die Gewerkschaft hat die Macht, solche Vereinbarungen zu treffen. Der Pseudo-Einzelkämpfer hat nichts, weder die Macht noch die Befugnis, dafür aber eine umso größere Klappe und lange Beine, um die Flucht anzutreten.

      Viele Grüße

      Ramaanda
      Ich predige eigentlich im Kraftfahrerkreis das gleiche. Aber ich gebe zu, auch ich habe mich schon mehr wie einmal dabei erwischt lieber den Job zu wechseln als das Problem vernünftig anzugehen. Ein wenig Existenzangst ist aber auch immer dabei.

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      • #4
        AW: Einzelkämpfer ... oder besser doch organisieren?

        Ich habe auch versucht, in meiner vorige Bude was zu ändern, und die Anderen auf die Missstände aufmerksam zu machen...
        Vergeblich...
        Was mich auffiel:
        Nicht wenige meinten, mir wäre nicht bewusst, wie gut es uns (also auch mir) doch eigentlich ging...
        Und wenn ich jetzt so höre, wie da aktuell zu geht, nur noch schlimmer!!
        Immer mehr Kollegen "dürfen" unangekündigt an Wochenende draussen bleiben, daß man dann die Folgewochenend zuhause ist, ist nicht mehr sicher...
        Zu meiner Zeit konnte ich wenigstens auf max. 23,5 Tonnen Zuladung durchsetzen... (Leer ca. 18 Tonnen mit 1/3 Tankfüllung, also 250 Liter Diesel)
        Nun aber wird bis zu 26 Tonnen geladen!!
        Es hat sich nun normalisiert, daß an viele Stamm-Ladestelle 50% aller Lastzüge von Tag erst die letzten 30 Minuten vor Verladeschluss kommen, entsprechend spät fährt der Letzte von Verladehof, mit entsprechend überzogene Schichtzeiten...
        ...und die Deppen (Pardon, aber anders kann ich solche Kollegen nicht nennen!) sind immer noch die Meinung, daß denen recht gut geht!!
        Warum soll man sich deshalb weiter als Einzelkämpfer solche Scheisse anhören??
        Ichs ehe für mich als richtige Entscheidung:
        Habe den Job quittiert, die Maulaffen sollen dort glücklich sein, mir geht's in meiner neue Job jedenfalls bestens, habe nun nicht nur (fast) kein stress mehr, sondern auch, mein Leistung wird anerkannt und respektiert!!
        SO macht das Schaffen wieder Spass! :D

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        • #5
          AW: Einzelkämpfer ... oder besser doch organisieren?

          Existenzangst....nicht verwerflich. Dem gesamten mittelstand geht es so, da gehören wir noch nicht mal dazu. Also nix unanständiges. Aber wir lassen es zu, daß arbeitgeber unsere familien als geiseln nehmen. Die einzige alternative ist dann den job zu wechseln. Und dann...?...vom regen in die traufe. Und das ist das problem. Es ist keinesfalls verwerflich, seinen arsch an die wand zu bringen. Aber dazu muß man aufstehen.

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          • #6
            AW: Einzelkämpfer ... oder besser doch organisieren?

            Organisieren ist immer besser. Allerdings kommt es aufgrund mangelndem Verständnis auch bei gewählten BR immer noch regelmäßig zu den Unwillen sich bilden zu lassen. Gewählte BR verzichten auf Ausbildung und Lehrgänge weil sie glauben dem Betrieb mit den Lehrgängen zu schaden. Das trichtert dann der Chef den Kollegen im Vorfeld ein. Später schmückt sich der Chef mit seinem BR der ihm aus der Hand frisst und dem Chef, der rhetorisch begabter ist, mit seinem sozialen Engagement.

            Schade, wer sich engagiert, der soll das bitte richtig machen und nicht halbherzig. Ein BR schadet dem Betrieb nicht, es gibt keine Statistik die das belegen würde.

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            • #7
              AW: Einzelkämpfer ... oder besser doch organisieren?

              Ich denke dass das eine ohne das andere nicht geht. Entweder bin ich organisiert und bei jedem Problem, was ich habe, den großen Papa anrufe und ums Hilfe schreie, oder bin ich nicht organisiert und bei jedem Problem, was ich habe, keine Stärke hinter mir habe. Versteht ihr, wie ich es meine? Ich denke, man muss beides sein. Man muss hinter eigene Rechte stehen, eigene Meinung sagen können und noch hinter sich die große Gemeinschaft haben. :)
              Wenn wir immer ohne widersprechen allen Gesetzen vertrauen würden, hätten wir heutzutage eine Menge mittelalterliche Gesetze, an die wir uns halten müssten!!

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              • #8
                AW: Einzelkämpfer ... oder besser doch organisieren?

                Stell dir mal vor Helena, in deiner kleinen Firma, ich wäre dein Fahrer, würde ich einen BR wählen wollen. Du könntest es dann nicht verhindern. Ich würde in den ersten 4 Jahren meiner Amtszeit etwa 6 Lehrgänge besuchen. Die kosten zusammen ca 30 000 Euro. Dazu kommt mein Arbeitsausfall. Sollte es zu vielen Problemen kommen könnte ich mich bei dir jederzeit von der Arbeit freistellen. Ich bräuchte deine Erlaubnis nicht.

                Ich bewundere dein Engagement für die Fahrer. Dennoch denke ich, du würdest in dem von mir beschriebenen Fall anders darüber denken. Du siehst, sich zu organisieren mit allen Konsequenzen hat viele Folgen, die man vorher nicht absehen kann.

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                • #9
                  AW: Einzelkämpfer ... oder besser doch organisieren?

                  Wenn grundsätzlich jemand hinter dir steht, dann kannst du die alltäglichen sorgen besser und sorgloser wegstecken. Und schau mal was wir heute alles besprochen haben. Es geht nicht nur um geld. Es geht auch um unsere würde. Als kraftfahrer und vor allem als mensch. Warum bin ich plötzlich ein arschloch auf dem jeder rumtrampeln kann, sobald ich in einen lkw steige. Warum??? Ich bring den leuten doch nur gutes. Den ganzen scheiß, den sie gestern bestellt haben, die post, die hat mitlerweile einen 24 h service.. die ärmsten müssen auch nachts am schalter schlafen...warum stwhen wir sowas von dooof da???? Warum bist du eigentlich nicht organisiert, helena??? Dich hätten wir gerne dabei!!!

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                  • #10
                    AW: Einzelkämpfer ... oder besser doch organisieren?

                    Zitat von klausi Beitrag anzeigen
                    Es geht nicht nur um geld. Es geht auch um unsere würde. Als kraftfahrer und vor allem als mensch.
                    Dieses Argument, dass es ja auch um unsere Würde geht, halte ich für besonders stichhaltig, sich endlich zu organisieren. Ich weiß jetzt nicht, ob ich diese Geschichte hier schon einmal eingestellt hatte. Wahrscheinlich! Zumindest aber finde ich sie hier nicht wieder. Sie ist schon etwas älter. Was ich in der Geschichte erzähle, hat tatsächlich so stattgefunden. Es ist also nicht erfunden. Die Geschichte hat den Titel:

                    Trucker-Romantik

                    Nur sehr schwerfällig geht Mirko an das Zeiterfassungsgerät in seiner Firma und loggt sich ein. Es ist Sonntag, 20 Uhr. Mirko braucht immer eine gewisse Zeit, bis er in Schwung kommt. In seinen Knochen spürt er eine bleierne Müdigkeit, die immer erst nach Stunden während der Arbeit nachlässt. Das Wochenende war kurz gewesen. Er ist erst am Samstagnachmittag nach Hause gekommen und verbrachte die Freizeit hauptsächlich mit Schlafen.
                    Es tat gut, auf der weichen Couch zu liegen und vor dem Fernseher langsam einzuschlummern. Sein Körper war am Sonntagmorgen immer noch nicht richtig erholt. Dieses bleierne Gefühl in den Knochen und in den Gelenken wollte einfach nicht weichen.

                    Während andere Väter am Sonntag etwas mit ihrer Familie unternahmen, blieb Mirko antriebslos zu Hause. Es gab deswegen schon heftige Vorwürfe von seiner Ehefrau, die so gerne wie andere Familien auch leben wollte. Aber der Beruf ihres Ehemanns ließ diese Träume zerplatzen wie eine Seifenblase. Mirko unternahm wie jeden Sonntag den Versuch, noch etwas vorzuschlafen, bevor er zur Arbeit musste. Aber jedes Mal misslang der Versuch, obwohl sein Körper nach Ruhe schrie. Die Kinder lärmten in ihrer Unbekümmertheit und Mirko wollte ihnen das Spielen nicht verbieten. Wenn er schon so selten zu Hause war, wollte er nicht noch den strengen Patriarchen spielen.

                    Mirko stand neben dem Zeiterfassungsgerät und suchte die Tachoscheibe von Samstag raus. Er nahm sie und warf sie in den Kasten neben dem Gerät, worauf stand „Tachoscheibenabgabe“. Und auch die Tachoscheiben, die er legal abgeben musste, warf er hinein. Sein Disponent hatte ihn um die Scheibe von Samstag gebeten, damit bei einer Kontrolle nicht auffällt, dass er die Wochenruhezeit nicht eingehalten hatte. Aus diesem Grund fährt er heute auch einen anderen Lkw. Auch die Kollegen rotieren von Woche zu Woche mit dem Lkw. Es werden immer mehr Lkw´s mit Digital-Tacho. Da muss dann schon mal zwischendurch ein Fahrzeug mit Scheibe gefahren werden. Mirko fährt seinen Lkw an die Rampe. Eine Tachoscheibe legt er noch nicht ein. Das hat ihm der Disponent mündlich untersagt. Am Sonntag muss er den Lkw auch selber beladen, weil kein Lagerpersonal anwesend ist. Sein Chef meint, dieser Tag wäre wegen der fälligen Zuschläge viel zu teuer, um jemanden kommen zu lassen.

                    Gut 2 Stunden braucht Mirko, bis sein Lkw beladen ist. Die Müdigkeit in seinen Knochen ist verschwunden und so langsam ist er wieder im gewohnten Trott. Am Kaffeeautomaten zieht er sich noch einen Kaffee und unterhält sich kurz mit seinen Kollegen. Sie reden davon, dass sie sich einer Gewerkschaft anschließen sollten. Am Ende der Unterhaltung kommt aber immer wieder als Ergebnis heraus, dass es ja sowieso keinen Zweck hat. Die tun ja doch nichts und reden nur.
                    Gegen 23 Uhr legt Mirko seine Tachoscheibe ein und fährt los.
                    Er muss nach Süddeutschland zu einem Großmarkt, der einen ganzen Zug Bananen bestellt hatte. Ist es im Winter ziemlich angenehm mit einem Kühlzug zu fahren, – die Kühlung springt nicht so oft an – ist das bei Bananen anders. Die müssen eine Kerntemperatur von 14 Grad halten, weshalb das Aggregat fast ständig durchläuft. Pünktlich macht Mirko seine Pause. In der Nacht zu Montag hat er selten Probleme, einen geeigneten Parkplatz zu finden. Wie immer, stellt sich Mirko den Wecker und legt sich eine dreiviertel Stunde in die Koje, wo er auch sofort einschläft.
                    Die kleine Pause hat ihm gut getan. Erfrischt fuhr er weiter. Gegen 8 Uhr erreichte er endlich den Großmarkt. Er stellte seinen Lkw ab und ging in das Lagerbüro.
                    Er öffnete die Glastür und rief: „ Guten Morgen! Ich….“Weiter kam er nicht. Ein großer Mann mit fettigem ungepflegten Haar nahm eine Mandarine, die auf dem Schreibtisch lag und warf sie Mirko direkt vor die Stirn. „Raaauus, du Arsch! Warte gefälligst, bis wir dich rufen!“ schrie der Mann im gleichen Augenblick. Dem folgte ein gehässiges und lautes Gelächter der anwesenden Lagerarbeiter. Mirko ging vor die Tür und wartete. Er kam sich gedemütigt vor und hasste in diesem Augenblick seinen Job. Nein, solche Augenblicke sind wahrhaftig kein Zuckerschlecken.
                    Durch die Tür konnte man hören, wie sich die Lagerarbeiter über ihren örtlichen Fußballverein unterhielten und dabei gemütlich Kaffee schlürften. Etwas frustriert las Mirko das Schild auf der Glastür, worauf stand „Pause von 9:30 Uhr bis 10:00 Uhr“. Während Mirko vor der Tür wartete, ging sein Handy. Der Disponent war dran und sagte ihm, dass er sich bereithalten sollte. Er würde noch eine Rückfracht bekommen und er würde sich später noch einmal melden.
                    Mirko beschwerte sich bei dem Disponenten, wie er hier auf dem Großmarkt behandelt wurde. Aber der Disponent wiegelte ab und sagte zu Mirko, dass er doch gefälligst nicht so empfindlich sein solle. In der Zwischenzeit betraten auch andere Fahrer das Lagerbüro und wurden dort mit großem Hallo begrüßt. Sie schienen sich zu kennen und sie wurden nach der Begrüßung auch sofort an eine Rampe geschickt, wo sie entladen konnten.

                    Gegen 9 Uhr kam dann einer von den Lagerarbeitern auf Mirko zu und sagte ihm barsch, dass er seinen Ar… gefälligst an Rampe 22 bewegen soll. Mirko ging nach draußen und setzte seinen Lkw an die Rampe. Während er andockte, meldete sich der Disponent wieder. Er hatte eine Fracht für Mirko.
                    Disponent: „Mirko, du fährst nachher zur Genossenschaft nach Muffenhausen und holst dort 33 Paletten gewaschene Möhren ab. Die müssen aber bis spätestens 1 Uhr beim Kunden Holtkamp in Göttingen sein. Der will sie um diese Zeit auf seine Verteilfahrzeuge laden.“
                    Mirko: „Das schaffe ich aber nicht. Ich habe nur noch ganz wenig Lenkzeit und ich bin müde. Wenn ich erwischt werde, legen die mich still.“
                    Disponent: „Ach komm, Mirko! Es wird dich schon keiner erwischen. Wir habe es heute alle nicht leicht. Die Firma muss nun mal laufen, sonst sieht es um die Arbeitsplätze ziemlich düster aus. Aber wenn du nicht willst, musst du es nur sagen. Es stehen genug Lkw-Fahrer vor dem Firmentor, die deinen Job machen wollen. Und außerdem hast du genug Zeit, dich noch ein bisschen hinzulegen."
                    Mirko: „ Ja, ich kriege das schon irgendwie hin. Ich werde pünktlich sein.“

                    Mirko legte auf und begann, das Fahrzeug zu entladen. Die Lagerarbeiter überprüften bei jeder Palette die Kerntemperatur. Das Entladen zog sich hin bis 10:30 Uhr. Mirko fuhr auch sofort wieder los. Er rechnete sich aus, wie viel Zeit ihm blieb, damit er pünktlich in Göttingen ankam. Nach seiner Rechnung blieben ihm 4 Stunden, die er dazwischen schlafen konnte. Um 11.15 Uhr fuhr er auf der Autobahn auf einen Parkplatz und stellte den Wecker auf 15 Uhr. Sofort machte er die Gardinen zu und schlief erschöpft ein.
                    Um 15 Uhr wurde Mirko durch das Schrillen des Weckers aus seinen Träumen gerissen. Er war wie gerädert und noch sehr müde. Er braute sich noch schnell einen starken Kaffe und biss in das Butterbrot, dass ihm seine Frau am Vorabend noch geschmiert hatte. Für ein warmes Essen auf einer Raststätte war keine Zeit. Und schon war Mirko wieder auf der Bahn. Ohne Probleme, trotz des dichten Verkehrs , kam er um 16:15 bei der Genossenschaft in Zuffenhausen an. Um diese Zeit war keiner mehr da, d.h. er musste wieder selber laden. Er wusste, dass der Schlüssel für das große Kühlhaus in einer Mulde des Torpfostens lag.
                    Mirko dockte an die Rampe an und schloss das Kühlhaus auf. Dort standen die 33 Paletten Möhren in Reihe und Glied. Leider hatte man vergessen, ihm eine Elektro-Ameise hinzustellen. Stattdessen stand da nur ein alter Handhubwagen, der kaum noch beweglich war.



                    Mirko zog nun Palette für Palette für Palette mit dem Hubwagen auf den Lkw. Der Schweiß rann ihm in Bächen runter, obwohl es an diesem Nachmittag sehr kalt draußen war. Er hatte es fast geschafft, da knackte es plötzlich in seinem Rücken. Vor Schmerz ließ Mirko den Hubwagen los und lehnte sich gegen die Innenwand des Koffer-Aufliegers. Er hatte das schon öfters gehabt. Sein Rücken war von der Arbeit kaputt, genauso wie seine Kniegelenke. Eine Viertelstunde rührte sich Mirko nicht. Dann versuchte er es auf´s neue. Mühsam, mit schmerzendem Rücken, zog er langsam die Paletten auf den Koffer. Zwei Stunden hatte er gebraucht, bis er endlich fertig war mit dem Beladen. Völlig erschöpft sank er auf seinen Fahrersitz. Er stellte den Sitz auf die harte Stellung ein, weil er wusste, dass jede Bewegung schmerzhaft war. Mirko biss die Zähne zusammen und fuhr wieder auf die Autobahn Richtung Göttingen.

                    Es war sehr viel Schneematsch auf der Straße und die hochspritzende Gischt der vorausfahrenden Lkw nahm ihm zeitweise die Sicht. Mirko hielt aufgrund seiner unendlichen Müdigkeit Abstand und überholte auch nicht. Er traute sich das in seinem Zustand nicht zu. Die Augen brannten und der Rücken schmerzte und trotzdem war Mirko noch halbwegs aufmerksam. Er sah rechtzeitig die Bremslichter vor sich und kam ohne Mühe zum Stehen. Nichts ging mehr. Funk hatte er nicht. Er konnte nicht nachfragen, was da vorne los war. Also wartete er geduldig. Über 2 Stunden ging gar nichts mehr. Nicht einen Meter bewegte sich die Kolonne nach vorne weiter. Er hörte zwischendurch wohl mal einen Hubschrauber, der weit vor ihm in die Luft ging, aber das war auch schon alles.
                    Und dann ging es endlich weiter. Zunächst erst zögerlich aber dann doch wieder recht flott. Der Regen hatte mittlerweile aufgehört und die Sicht war wieder gut. Mirko war körperlich fertig, am Ende. Aber er biss trotzdem die Zähne zusammen und fuhr weiter.
                    Die Vollsperrung hatte ihn viel Zeit gekostet. Deshalb verzichtete er auch diesmal auf seine Pause. Er fuhr durch. Nachts würde ihn kaum jemand kontrollieren und der Kunde wartet ja auf seine Ware. Gegen 3 Uhr endlich kam er bei dem Kunden in Göttingen an, der ihn fürchterlich beschimpfte, weil er so spät kam. Schnell wurde der Lkw entladen und Mirko fuhr ebenso schnell wieder vom Hof runter. Vor dem Tor machte er um 4 Uhr dann die Gardinen zu.

                    Mirko wusste genau, dass spätestens morgen früh um 8 Uhr der Disponent anrufen würde. Nein, diesmal würde Mirko hart bleiben und 11 Stunden stehen bleiben, wie es im Gesetz stand. Diesen Vorsatz fasste Mirko fast täglich und doch tat er stets, was der Disponent ihm auftrug. Die Angst um seinen Arbeitsplatz lies jeden Vorsatz nach ein paar Stunden wieder vergessen.
                    Ohne Übergang, in voller Montur, schlief Mirko ein. Er hatte sich noch nicht mal die Zeit genommen, seine Sachen auszuziehen. Und trotzdem dachte er in diesen Sekundenbruchteilen zwischen Wachen und Schlafen ganz kurz daran, worüber mit seinen Kollegen in der Firma geredet hatte, über eine Gewerkschaft.

                    Viele Grüße

                    Ramaanda

                    Kommentar


                    • #11
                      AW: Einzelkämpfer ... oder besser doch organisieren?

                      Soll mal einer versuchen, mir eine clementine an den kopf zu werfen. Ich hab warenannehme von der rampe geschmissen. Und ich bin immer noch da. Irgendwie komisch. Odee nicht? Ich lass es mir nicht bieten, daß mein chef auf meine kosten swiner kundschaft in den arsçh kriecht. Und wenn icj hinlangr, dann tu ich nur das was diese dispobande sich jahrelang nicht getraut aber im geheimen gewünscht hat. Dann bin icj halt die blöde sau...na und...nach 14 tagen ist alles vergessen und ich fahr wieder hin. Der warenannehmer hält sich im zaum. Sowas vergisst der nicht.
                      Ich hsbe keinen bock auf sowas. Echt nicht, und ich bin auch nicht stolz drauf. Aber diese leute/ Kunden brauchen gewisse regeln. Von alleine kommen die nicht drauf. Und wir fahrer übrigens auch. Nicht das dann so ein arschloch vorprescht un schreit..."ich mach das"....genau das ist das übel...wir müssen uns einig sein. Und konsequent...

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                      • #12
                        AW: Einzelkämpfer ... oder besser doch organisieren?

                        Zitat von klausi Beitrag anzeigen
                        ... Warum bist du eigentlich nicht organisiert, helena??? Dich hätten wir gerne dabei!!!
                        Ich bin kein Arbeitnehmer, sondern beute mich selbst aus :). Kann ich selbst gegen mich in die Gewerkschaft? :rofl2[1]: Na ja, und wir haben 2 Angestellte, von denen ich mich ausbeuten lasse, gibt es irgendwo auch der Schutz für mich? Ich bin ein Sonderfall, weil ich keine richtige Chefin bin, ich habe die gleiche Arbeit, wie unsere 2 Mitarbeiter gemacht, nur krankheitsbedingt bin ich jetzt ins Büro verbannt. Ich kämpfe in Grunde genommen für das gleiche, wie ihr.
                        Wenn wir immer ohne widersprechen allen Gesetzen vertrauen würden, hätten wir heutzutage eine Menge mittelalterliche Gesetze, an die wir uns halten müssten!!

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                        • #13
                          AW: Einzelkämpfer ... oder besser doch organisieren?

                          Aber du hast ein gewissen. Ein gutes. Mal den alten elch fragen ob unternehmerinnen mitmachen dürfen. Jedenfalls schätze ich deine einstellung.

                          Kommentar


                          • #14
                            AW: Einzelkämpfer ... oder besser doch organisieren?

                            Manchmal wird man aber auch zum Einzelkämpfer gemacht...wer noch die tolle ÖTV kennt,weiß vielleicht,wovon ich rede...bevor sie sich um uns Fahrer "gekümmert" hat,durfte ich laut Gesetz nur 8 Stunden fahren und mußte nach 4 Stunden Lenkzeit eine Pause machen...außerdem hatte ich im innerdeutschen Fernverkehr 35 Tage Urlaub...da ist doch der Manteltarifvertrag mit 24 Tagen Urlaub ein echter Fortschritt...aber nur für den Unternehmer...
                            wenn man dann noch seine Freizeit opfert,um im Betriebsrat etwas für die Kollegen zu erreichen und die dann ...als es vor den großen Cheffe ging...plötzlich alle kleinlaut und zufrieden sind...dann läßt man es und wird zum Einzelkämpfer...
                            Und JA...so kann man mich fast bezeichnen...und ehrlich gesagt...mir geht es gut und entspannt dabei...
                            weil ich auch in einer Firma arbeite,wo für mich persönlich alles paßt...
                            Die Firma hält sich an alle Sozialvorschriften...wir bekommen Wochenendarbeit und Feiertage nicht nur finanziell vergütet,sondern auch so,wie es im Arbeitszeitgesetz steht:pro Feiertag einen Tag Sonderurlaub...
                            Im Arbeitsvertrag mit Festlohn stehen 180 Stunden pro Monat drin...wo ich aber nicht hinkomme
                            der Umgangston ist freundlich...
                            Ich bekomme Urlaubs- und Weihnachtsgeld..
                            Ich bin jetzt 5 Jahre hier und habe jedes Jahr eine Lohnerhöhung bekommen...
                            Terminstreß gibbet nicht...

                            Also...wofür sollte ich mir in meinen letzten Jahren bis zur Rente(allerspätestens in 7 Jahren ) einer Gewerkschaft beitreten ...oder mir meinen Allerwertesten für andere...die es einem eh nicht Danken aufreißen????

                            Kommentar


                            • #15
                              AW: Einzelkämpfer ... oder besser doch organisieren?

                              Andreas, ich kenne deine Einstellung und die ist so verkehrt nicht. Aber wie Du auch sagst, ist die Angst um Verlust des Arbeitsplatzes da. Und genau hier muss sich die Verdi einbringen und zwar nicht nur im kleinen Kreis sondern massiv in der Öffentlichkeit. Ich, persönlich, bin seit unserem letzten Treffen in Kleinostheim am überlegen ob ich eintrete. Aber noch fehlt mir die letzte Überzeugung. So wird es auch vielen anderen Kollegen gehen

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