Lkw-Fahrer dringend gesucht
Die Spitzenverbände schlagen Alarm: Es fehlt an Lkw-Fahrern. Die IHK sieht darin ein großes Problem für die Wirtschaft. Werde der Mangel nicht behoben, drohten Lieferengpässe. Jeder vierte Berufsfahrer ist schon älter als 55 Jahre.
Von Christian Schwerdtfeger
Wenn Astrid B. die Touren zusammenstellt, hat sie immer größere Schwierigkeiten, geeignete Fahrer zu finden. "Gutes, zuverlässiges Personal ist in der Branche rar geworden", sagt sie. "Vor allem Fahrer, die ausreichend für den Beruf qualifiziert sind, findet man nicht mehr so leicht."
B. ist Personalchefin einer großen Spedition im Rheinland. Ihren vollständigen Namen und den ihres Arbeitgebers möchte sie nicht öffentlich nennen. Das Image der Branche sei ohnehin schon schlecht genug, sagt sie. "Wir bekommen von allen Seiten immer eins auf die Mütze, aber niemand fragt sich, wer die Ware aus dem Internet zu einem nach Hause bringt." Doch das könnte sich bald ändern, meint sie. "Wenn die bestellten Sachen nicht mehr so schnell ankommen, werden einige merken, wie wichtig Fahrer sind."
Die Logistikbranche steht bundesweit vor einem massiven Nachwuchsproblem. Einer Studie des Heilbronner Verkehrswissenschaftlers Dirk Lohre zufolge ist jeder vierte Berufskraftfahrer älter als 55 Jahre und wird in den nächsten Jahren aus dem Berufsleben ausscheiden.
"Dieses Problem gefährdet die Wirtschaft", betont Dagmar Wäscher, Vorsitzende des Bundesverbandes der Transportunternehmer (BTV) mit Sitz in Dortmund. Das bestätigt der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Deshalb müssten die Speditionen auf schlechter ausgebildetes Personal aus dem Ausland zurückgreifen. 40 Prozent aller Lkw-Fahrer, die auf den Straßen in NRW unterwegs sind, seien Ausländer, sagt BGL-Hauptgeschäftsführer Karlheinz Schmidt. Die Lücke sei mit ihnen aber nicht zu schließen. "Die gebietsfremden Fahrer sprechen kein Deutsch, haben Probleme damit, sich zurechtzufinden, verfahren sich, kommen zu spät an", erklärt er. Sie kommen vor allem aus Bulgarien und neuerdings sogar von den Philippinen.
Die nordrhein-westfälische Industrie- und Handelskammer (IHK) weiß um die wachsende Problematik und erklärt, was dies für die Wirtschaft in Deutschland bedeuten könnte: "Wenn das Problem nicht gelöst wird, müssen Unternehmen zunehmend Aufträge ablehnen, weil sie keine Fahrer haben, die die Ware ausliefern", sagt IHK-Verkehrsexperte Joachim Brendel.
Der IHK zufolge werden die Fahrerengpässe in den nächsten Jahren noch größer. "Der Schuh wird weiter drücken, besonders dann, wenn wir die Folgen des demografischen Wandels zu spüren bekommen", mahnt Brendel. Bis zu 50 Prozent der Fahrer werden in den nächsten zehn Jahren aus Altersgründen aufhören. Bereits heute sind nicht einmal 15 Prozent der Fahrer jünger als 35 Jahre.
Die Gründe für den Mangel sind vielschichtig. Neben der fehlenden Akzeptanz in der Bevölkerung für den Beruf sind es laut Spitzenverbänden vor allem die zu hohen Kosten für den Führerschein (rund 2000 Euro). Hinzu kommt die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Berufsfahrer-Qualifizierung, die zusätzlich zu dem Lkw-Führerschein absolviert werden muss, ehe man in den Beruf einsteigen kann. Diese Prüfung allein kostet noch einmal rund 5000 Euro. "So viel Geld hat keiner mal eben übrig, der für diese Berufsgruppe in Frage kommt", sagt die BTV-Vorsitzende Dagmar Wäscher.
Ausländische Fahrer hingegen bekommen den Führerschein und die teure Qualifizierung in der Regel in Lettland ausgestellt. Das koste kaum was, weiß BGL-Hauptgeschäftsführer Karlheinz Schmidt. Bis vor wenigen Jahren konnte man in Deutschland den Lkw-Führerschein noch während seiner Grundausbildung bei der Bundeswehr machen. Das ist heute nicht mehr ohne weiteres möglich. "Dadurch fallen Tausende weg, die als Quereinsteiger in die Branche kommen könnten", sagt Wäscher.
Die Spitzenverbände sind sich einig: Der Beruf benötigt ein besseres Image. "Speditionen sollten in die Schulen gehen, einen Tag der offenen Tür für Jugendliche veranstalten, Praktika anbieten. Zeigen, wie spannend der Beruf sein kann", rät Brendel. Alle beteiligten Akteure aus Wirtschaft, Verbänden und Politik seien gefragt, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. "Wir müssen uns an einen Tisch setzen und das Problem angehen", fordert Brendel.
Auch die Speditionen müssten sich hinterfragen. BGL-Chef Schmidt kritisiert auch die Dumpinglohn-Politik vieler deutscher Spediteure. "Für das wenige Geld, was da gezahlt wird, machen das die jungen Leute von heute nicht mehr." Auch das müsse sich zeitnah ändern.
(Quelle: Rheinische Post)
Die Spitzenverbände schlagen Alarm: Es fehlt an Lkw-Fahrern. Die IHK sieht darin ein großes Problem für die Wirtschaft. Werde der Mangel nicht behoben, drohten Lieferengpässe. Jeder vierte Berufsfahrer ist schon älter als 55 Jahre.
Von Christian Schwerdtfeger
Wenn Astrid B. die Touren zusammenstellt, hat sie immer größere Schwierigkeiten, geeignete Fahrer zu finden. "Gutes, zuverlässiges Personal ist in der Branche rar geworden", sagt sie. "Vor allem Fahrer, die ausreichend für den Beruf qualifiziert sind, findet man nicht mehr so leicht."
B. ist Personalchefin einer großen Spedition im Rheinland. Ihren vollständigen Namen und den ihres Arbeitgebers möchte sie nicht öffentlich nennen. Das Image der Branche sei ohnehin schon schlecht genug, sagt sie. "Wir bekommen von allen Seiten immer eins auf die Mütze, aber niemand fragt sich, wer die Ware aus dem Internet zu einem nach Hause bringt." Doch das könnte sich bald ändern, meint sie. "Wenn die bestellten Sachen nicht mehr so schnell ankommen, werden einige merken, wie wichtig Fahrer sind."
Die Logistikbranche steht bundesweit vor einem massiven Nachwuchsproblem. Einer Studie des Heilbronner Verkehrswissenschaftlers Dirk Lohre zufolge ist jeder vierte Berufskraftfahrer älter als 55 Jahre und wird in den nächsten Jahren aus dem Berufsleben ausscheiden.
"Dieses Problem gefährdet die Wirtschaft", betont Dagmar Wäscher, Vorsitzende des Bundesverbandes der Transportunternehmer (BTV) mit Sitz in Dortmund. Das bestätigt der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Deshalb müssten die Speditionen auf schlechter ausgebildetes Personal aus dem Ausland zurückgreifen. 40 Prozent aller Lkw-Fahrer, die auf den Straßen in NRW unterwegs sind, seien Ausländer, sagt BGL-Hauptgeschäftsführer Karlheinz Schmidt. Die Lücke sei mit ihnen aber nicht zu schließen. "Die gebietsfremden Fahrer sprechen kein Deutsch, haben Probleme damit, sich zurechtzufinden, verfahren sich, kommen zu spät an", erklärt er. Sie kommen vor allem aus Bulgarien und neuerdings sogar von den Philippinen.
Die nordrhein-westfälische Industrie- und Handelskammer (IHK) weiß um die wachsende Problematik und erklärt, was dies für die Wirtschaft in Deutschland bedeuten könnte: "Wenn das Problem nicht gelöst wird, müssen Unternehmen zunehmend Aufträge ablehnen, weil sie keine Fahrer haben, die die Ware ausliefern", sagt IHK-Verkehrsexperte Joachim Brendel.
Der IHK zufolge werden die Fahrerengpässe in den nächsten Jahren noch größer. "Der Schuh wird weiter drücken, besonders dann, wenn wir die Folgen des demografischen Wandels zu spüren bekommen", mahnt Brendel. Bis zu 50 Prozent der Fahrer werden in den nächsten zehn Jahren aus Altersgründen aufhören. Bereits heute sind nicht einmal 15 Prozent der Fahrer jünger als 35 Jahre.
Die Gründe für den Mangel sind vielschichtig. Neben der fehlenden Akzeptanz in der Bevölkerung für den Beruf sind es laut Spitzenverbänden vor allem die zu hohen Kosten für den Führerschein (rund 2000 Euro). Hinzu kommt die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Berufsfahrer-Qualifizierung, die zusätzlich zu dem Lkw-Führerschein absolviert werden muss, ehe man in den Beruf einsteigen kann. Diese Prüfung allein kostet noch einmal rund 5000 Euro. "So viel Geld hat keiner mal eben übrig, der für diese Berufsgruppe in Frage kommt", sagt die BTV-Vorsitzende Dagmar Wäscher.
Ausländische Fahrer hingegen bekommen den Führerschein und die teure Qualifizierung in der Regel in Lettland ausgestellt. Das koste kaum was, weiß BGL-Hauptgeschäftsführer Karlheinz Schmidt. Bis vor wenigen Jahren konnte man in Deutschland den Lkw-Führerschein noch während seiner Grundausbildung bei der Bundeswehr machen. Das ist heute nicht mehr ohne weiteres möglich. "Dadurch fallen Tausende weg, die als Quereinsteiger in die Branche kommen könnten", sagt Wäscher.
Die Spitzenverbände sind sich einig: Der Beruf benötigt ein besseres Image. "Speditionen sollten in die Schulen gehen, einen Tag der offenen Tür für Jugendliche veranstalten, Praktika anbieten. Zeigen, wie spannend der Beruf sein kann", rät Brendel. Alle beteiligten Akteure aus Wirtschaft, Verbänden und Politik seien gefragt, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. "Wir müssen uns an einen Tisch setzen und das Problem angehen", fordert Brendel.
Auch die Speditionen müssten sich hinterfragen. BGL-Chef Schmidt kritisiert auch die Dumpinglohn-Politik vieler deutscher Spediteure. "Für das wenige Geld, was da gezahlt wird, machen das die jungen Leute von heute nicht mehr." Auch das müsse sich zeitnah ändern.
(Quelle: Rheinische Post)
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