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    Der Bongertwasen hat gestern ausgesehen wie der Rastplatz an einer Autobahn. Dicke Brummer standen Seite an Seite. Gelbe, weiße, blaue. Aus allerlei Ländern. Dass dies kein romantischer Trucker-Treff ist, war an den Fahrzeugen mit den Blaulichtern zu sehen. Die Verkehrspolizeidirektion Tübingen hat den Güterverkehr in und um Metzingen inspiziert.

    Bei solchen Einsätzen, im Fachjargon Bereichskontrolle genannt, ist immer auch die Bereitschaftspolizei aus Göppingen dabei. Zur Sicherheit. Manchmal müssen die Fahrer ihren Lastzug nämlich stehen lassen. Wenn eine Weiterfahrt aus Sicherheitsgründen untersagt wird, oder wenn die Beamten andere Verstöße festgestellt haben, die erfahrungsgemäß hohe Bußgeldzahlungen oder Strafen nach sich ziehen. Dann kann es schon mal sein, dass Timo Müller eine Kaution verlangt, die kaum ein Fahrer geschwind mal aus seinem Portemonnaie greift. Müller ist bei der Verkehrspolizeidirektion für den öffentlichen Personen- und Güterkraftverkehr verantwortlich. Der Rekord gestern waren 7000 Euro. Eigentlich kaum der Rede wert, sagt Timo Müller. Solche Summen sind beileibe nicht selten, aber der Fahrer hatte so viel Geld nicht bei sich: „Wir wollen die Firmen erwischen“, sagt Timo Müller, „nicht die Fahrer drangsalieren.“ Obwohl die durchaus kriminelle Energie entwickeln, um: Und genau da sollten eigentlich die Geschichten beginnen, die auf einem Parkplatz wie dem Bongertwasen enden. Eigentlich entwickeln die Fahrer solche Strategien nämlich nicht, um sich zu bereichern, sondern um über die Runden zu kommen. Die da aussteigen bei den Kontrollen, sind keine reichen Leute im feinen Anzug. Sie tragen manchmal alte Jeans, oft Jogginghosen, Holzfällerhemden oder nicht auf Figur geschnittene T-Shirts. Und wenn man sie so sieht, wie sie mit den Beamten verhandeln oder sich zu einer Gruppe vereint unterhalten, dann wird ihnen niemand Eitelkeit unterstellen. Der Trucker jedenfalls, der gestern zunächst nicht weiterfahren durfte, weil er die 7000 Euro nicht beibringen konnte, ist Türke. Seine Spedition ist in Tschechien, die Fuhre geordert hat eine hiesiges Bekleidungsunternehmen.
    Der Türke war unvorsichtig. Um seinen Fahrtenschreiber zu manipulieren, bediente er sich eines Magneten. Der manipuliert den digitalen Tacho und verzeichnet Ruhezeiten, obwohl der Laster fährt. Beim Bundesamt für Güterverkehr geht man allerdings davon aus, dass derlei Manipulationen andere durchaus noch sicherheitsrelevantere Systeme beeinträchtigen können. ABS, Spurhalte- und Abstandswarnsysteme könnten schlimmstenfalls nicht mehr funktionieren und zu Unfällen führen. Das erklärt die auf den ersten Blick hohe Kaution von 7000 Euro.
    Michael Schütte ist als Beamter der Tübinger Verkehrspolizeidirektion eigentlich für den Zweiradverkehr verantwortlich. Irgendwie freut er sich schon auf den Frühling, „wenn die Alb wieder aufmacht“, und die Motorradfahrer wieder unterwegs sind. Er hat nach all den Jahren einen Blick, an welcher Harley ein Originalrahmen montiert ist und in welcher ein gefälschter Nachbau steckt. Der Rahmen, das wissen die Motorradfreaks, bestimmt nämlich das Baujahr des Motorrads. Und für Motorräder, die vor 1981 zugelassen wurden, gelten laxe Vorschriften. Die brauchen keine Blinker und dürfen wegen des Bestandsschutzes so laut sein wie ein Kampfpanzer. Schwedenrahmen nennen sich diese Fälschungen, weil die Hamburger Hells Angels als erste die Sache mit der Rahmen-Baujahr-Korrelation erkannt hatten und in Schweden massenhaft produzieren ließen. Der Motorrad-Polizist Michael Schütte kennt aber nicht nur fast alle Tricks der Motorradfahrer, er ist auch selbst damit unterwegs.
    Am Dienstag hat er die Abteilung von Timo Müller unterstützt. Als Zuführer. Er fährt in der Peripherie Metzingens und hält Ausschau nach Lastzügen. „Manchmal genügt der Name der Spedition“, verrät er. Er kennt seine Pappenheimer, und weil er schnell vor Ort ist, kann nicht jeder Fahrer den Magneten rechtzeitig abmontieren. Dann geleitet sie Schütte auf den Bongertwasen, für manchen Trucker ist das dann die letzte Ausfahrt. Einige Fahrer beginnen zu verhandeln. Auch solche, die während der Kontrolle zu verstehen geben, kein Deutsch zu können. Plötzlich sprechen sie es doch. Und wenn ihnen Timo Müller androht, dass ihr Fahrzeug bis zur Klärung aller technischer Details zwei oder drei Tage stehen bleiben muss, geht’s manchmal ganz schnell. Ein Telefonat mit der Spedition genügt. Vergangene Woche ging es beispielsweise um eine Summe von 15 000 Euro Kaution. Es handelte sich um eine deutsche Spedition. Eine halbe Stunde nach dem Telefonat fuhr ein Mitarbeiter mit dem Auto vor und händigte das Geld aus. In bar. „Manchmal“, sagt Timo Müller, „würden die 100 000 Euro hinterlegen, nur um weiterfahren zu dürfen.“ Die großen Unternehmen, etwa Daimler, haben kaum Lagerhaltung. Ihre Lager sind die Laster, sie fahren auf den Autobahnen, Bundes- und Landstraßen. Und wenn diese rollenden Lagerstätten nicht pünktlich eintreffen, kann schon mal ein Produktionsband für einige Stunden stehen bleiben. So etwas kann sich eine Spedition in der Regel nur ein Mal erlauben, dann ist sie raus aus dem Vertrag und muss obendrein noch Konventionalstrafe für zu späte oder nicht erfolgte Lieferung bezahlen, möglicherweise haftet sie auch für den Produktionsausfall.
    Wenn eine Fahrt nicht mehr fortgesetzt werden darf, sorgt die Polizei für eine sozialverträgliche Unterbringung der Trucker. Sie dürfen dann noch bis zu einer Tankstelle fahren, die Lkw-Parkplätze vorhält, rund um die Uhr geöffnet ist, über eine Toilette und Waschräume verfügt, und an der es Kaffee gibt. Kaffee ist ja auch während der Fahrt erlaubt. Wodka nicht. Kürzlich hat Michael Schütte einen russischen Fahrer aus dem Verkehr gezogen. Er stand kerzengerade und lief ohne erkennbare Schwierigkeiten. Aber er hatte 3,5 Promille Alkohol im Blut. Übung macht den Meister.

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