Die Rastplätze sind ein rechtsfreier Raum
Sind Deutschlands Rastplätze ein "rechtsfreier Raum"? Die Transportbranche klagt über dreiste Kriminalität: Sogenannte Planenschlitzer stehlen Waren von den Ladeflächen der Lkw, Fahrer sind hilflos.
Tatort Autobahnrastplatz: Die Täter schleichen sich im Dunkel der Nacht an. Ihr Ziel sind die Waren auf den Ladeflächen der Lastwagen. Das Aufschlitzen der Planen dauert nur Sekunden. Entdecken die Verbrecherbanden gut absetzbare Güter, räumen sie hinten aus, während der Lkw-Fahrer vorne schläft.
Die Diebe gehen dabei an deutschen Autobahnen immer dreister vor. An der A5 bei Alsfeld (Vogelsbergkreis) luden unbekannte Täter vor Kurzem 16 Paletten Markenturnschuhe ab. Die Ware schafften sie mit einem Transporter weg. Marktwert der Beute: rund 100.000 Euro. Ladungsdiebstahl ist ein zunehmendes Problem für die Polizei, die Transport- und Versicherungsbranche.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) schätzt die jährlichen Schäden durch den Verlust der Güter für deutsche Versicherer auf 300 Millionen Euro. In einer Studie des EU-Parlaments ist sogar von 1,5 Milliarden Euro volkswirtschaftlichem Schaden in Deutschland die Rede. Miteinbezogen werden darin auch Schäden für ausländische Versicherungen sowie Sachschäden an Lastwagen.
Nur die "Spitze des Eisbergs" wird erfasst
Die Banden operieren bundesweit. Einer der Brennpunkte in Deutschland ist Hessen. Dort verlaufen viel befahrene Verkehrsachsen. "Es ist ein permanentes Problem und ein Bereich, in dem wir steigende Fallzahlen feststellen", sagt der Sprecher des hessischen Landeskriminalamts, Christoph Schulte. Im Vergleich zu 2013 mit 75 registrierten Delikten verdoppelte sich 2015 die Zahl beinahe auf 145 Fälle. Der Schwerpunkt schlechthin war und ist mit 62 Fällen Osthessen. Dort führen Autobahnen von Norden nach Süden und Westen nach Osten.
Nicht nur in Hessen, auch in anderen Bundesländern ist Ladungsdiebstahl ein Thema. Bundesweite Fallzahlen samt Schadensumme gibt es nicht. Bekannt sei nur "die Spitze des Eisbergs", heißt es in einer Studie der Zürich Versicherung. In der polizeilichen Kriminalstatistik werden Ladungsdiebstähle nicht separat erfasst.
Ladungsdiebstahl ist für die Banden aus der organisierten Kriminalität – auch aus Osteuropa – ein lukrativer Zweig geworden. Das tatsächliche Ausmaß scheint dabei höher als von den Behörden festgestellt. Die Dunkelziffer der Delikte ist laut Experten hoch. Nicht wenige Opfer verschweigen Diebstähle lieber. Auch um steigende Versicherungskosten zu vermeiden. Sie wollen auch generell nicht als unsicheres Unternehmen erscheinen. "Das ist ein weitverbreitetes Phänomen", sagt Ingo Hodea, Referent beim Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV). Ladungsdiebstahl sei ein "wachsendes Problem".
Bewaffnete Sicherheitsleute als Lösung?
Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) kritisiert in der Sicherheitsfrage die Ordnungsbehörden. "Auf den Autobahnen ist viel zu wenig Polizei unterwegs", findet Karlheinz Schmidt, geschäftsführendes Präsidialmitglied. Er sagt sogar: "Die Rastplätze sind zu einem rechtsfreien Raum geworden. Da spielen sich unglaubliche Szenen ab. Fahrer werden mit K.-o.-Tropfen oder eingeleitetem Gas im Führerhaus betäubt, um an die Ladung zu kommen. Auf bestimmten Routen wird aus Angst ohne Halt durchgefahren."
Das Thema Ladungsdiebstahl habe sich zu einem "zunehmenden Problem" entwickelt. Einen Lkw zu öffnen sei mindestens so einfach wie eine Wohnung. Schmidt glaubt, dass es oft dieselben Tätergruppen sind.
Die Logistikverbände DSLV und BGL fordern wegen der Planenschlitzer mehr bewachte Parkplätze. "Notfalls sollten dort bewaffnete Sicherheitsleute patrouillieren", sagt Schmidt. LKA-Mann Schulte sagt: "Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, alle Parkplätze zu überwachsen. Ein Restrisiko bleibt für die Transporte immer."
Dass sich die Speditionen und Fahrer mit Alarmanlagen oder Bewegungsmeldern schützen, sei nur in der Theorie eine gute Idee – angesichts des häufigen Fehlalarms. Schlitzfeste Planen seien teuer. Und: "Auch diese wissen die Täter irgendwann zu öffnen."
Quelle
Sind Deutschlands Rastplätze ein "rechtsfreier Raum"? Die Transportbranche klagt über dreiste Kriminalität: Sogenannte Planenschlitzer stehlen Waren von den Ladeflächen der Lkw, Fahrer sind hilflos.
Tatort Autobahnrastplatz: Die Täter schleichen sich im Dunkel der Nacht an. Ihr Ziel sind die Waren auf den Ladeflächen der Lastwagen. Das Aufschlitzen der Planen dauert nur Sekunden. Entdecken die Verbrecherbanden gut absetzbare Güter, räumen sie hinten aus, während der Lkw-Fahrer vorne schläft.
Die Diebe gehen dabei an deutschen Autobahnen immer dreister vor. An der A5 bei Alsfeld (Vogelsbergkreis) luden unbekannte Täter vor Kurzem 16 Paletten Markenturnschuhe ab. Die Ware schafften sie mit einem Transporter weg. Marktwert der Beute: rund 100.000 Euro. Ladungsdiebstahl ist ein zunehmendes Problem für die Polizei, die Transport- und Versicherungsbranche.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) schätzt die jährlichen Schäden durch den Verlust der Güter für deutsche Versicherer auf 300 Millionen Euro. In einer Studie des EU-Parlaments ist sogar von 1,5 Milliarden Euro volkswirtschaftlichem Schaden in Deutschland die Rede. Miteinbezogen werden darin auch Schäden für ausländische Versicherungen sowie Sachschäden an Lastwagen.
Nur die "Spitze des Eisbergs" wird erfasst
Die Banden operieren bundesweit. Einer der Brennpunkte in Deutschland ist Hessen. Dort verlaufen viel befahrene Verkehrsachsen. "Es ist ein permanentes Problem und ein Bereich, in dem wir steigende Fallzahlen feststellen", sagt der Sprecher des hessischen Landeskriminalamts, Christoph Schulte. Im Vergleich zu 2013 mit 75 registrierten Delikten verdoppelte sich 2015 die Zahl beinahe auf 145 Fälle. Der Schwerpunkt schlechthin war und ist mit 62 Fällen Osthessen. Dort führen Autobahnen von Norden nach Süden und Westen nach Osten.
Nicht nur in Hessen, auch in anderen Bundesländern ist Ladungsdiebstahl ein Thema. Bundesweite Fallzahlen samt Schadensumme gibt es nicht. Bekannt sei nur "die Spitze des Eisbergs", heißt es in einer Studie der Zürich Versicherung. In der polizeilichen Kriminalstatistik werden Ladungsdiebstähle nicht separat erfasst.
Ladungsdiebstahl ist für die Banden aus der organisierten Kriminalität – auch aus Osteuropa – ein lukrativer Zweig geworden. Das tatsächliche Ausmaß scheint dabei höher als von den Behörden festgestellt. Die Dunkelziffer der Delikte ist laut Experten hoch. Nicht wenige Opfer verschweigen Diebstähle lieber. Auch um steigende Versicherungskosten zu vermeiden. Sie wollen auch generell nicht als unsicheres Unternehmen erscheinen. "Das ist ein weitverbreitetes Phänomen", sagt Ingo Hodea, Referent beim Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV). Ladungsdiebstahl sei ein "wachsendes Problem".
Bewaffnete Sicherheitsleute als Lösung?
Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) kritisiert in der Sicherheitsfrage die Ordnungsbehörden. "Auf den Autobahnen ist viel zu wenig Polizei unterwegs", findet Karlheinz Schmidt, geschäftsführendes Präsidialmitglied. Er sagt sogar: "Die Rastplätze sind zu einem rechtsfreien Raum geworden. Da spielen sich unglaubliche Szenen ab. Fahrer werden mit K.-o.-Tropfen oder eingeleitetem Gas im Führerhaus betäubt, um an die Ladung zu kommen. Auf bestimmten Routen wird aus Angst ohne Halt durchgefahren."
Das Thema Ladungsdiebstahl habe sich zu einem "zunehmenden Problem" entwickelt. Einen Lkw zu öffnen sei mindestens so einfach wie eine Wohnung. Schmidt glaubt, dass es oft dieselben Tätergruppen sind.
Die Logistikverbände DSLV und BGL fordern wegen der Planenschlitzer mehr bewachte Parkplätze. "Notfalls sollten dort bewaffnete Sicherheitsleute patrouillieren", sagt Schmidt. LKA-Mann Schulte sagt: "Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, alle Parkplätze zu überwachsen. Ein Restrisiko bleibt für die Transporte immer."
Dass sich die Speditionen und Fahrer mit Alarmanlagen oder Bewegungsmeldern schützen, sei nur in der Theorie eine gute Idee – angesichts des häufigen Fehlalarms. Schlitzfeste Planen seien teuer. Und: "Auch diese wissen die Täter irgendwann zu öffnen."
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