Rumänien 1992/93
Anfang der 90er war ich zweimal bei einen Hilfstransport nach Rumänien dabei. Für mich war das damals schon ein „kleines“ Abenteuer, vor allem, wenn man mit einem Konvoi mit bis zu 7 Fahrzeugen unterwegs war. Zwei große 40-Tonner, mehrere 7,5-Tonner, ein VW-Bus als "Einsatzzentrale" und ein Wohnmobil als Verpflegungsstation bzw. Schlafgelegenheit. Transportiert wurden Hilfsgüter wie Bekleidung, Fahrräder aber auch Lebensmittel, vor allem Mehl und Zucker, die in ländlichen Gebieten in Rumänien Mangelware waren. Hinzu kommt, dass wir immer mitten im Winter gefahren sind, es ging bei jeder Tour an Neujahr los. Da wir Mehl und Zucker in Tschechien geholt hatten (günstiger als in D), mussten wir vom Schwarzwald aus einen Umweg über Prag fahren. Das brachte natürlich etwas Komplikationen an der deutsch-tschechischen Grenze mit sich, damals änderten sich die Bestimmungen fast täglich. ;)
Gut, über den Sinn oder Unsinn, wie diese Fahrten organisiert wurden, kann man sich streiten. Ich habe das nicht organisiert, ich bin bloß gefahren…
Aber es war schon lustig, wie mir mit diesem Konvoi durch Budapest gefahren sind. Die letzten sind immer bei Rot drüber, um ja nicht den Anschluss zu verlieren. Und wenn die dann doch an der Ampel stehen bleiben mussten, dann haben die da vorne immer auf der rechten Spur angehalten und gewartet... :rofl:
Abenteuerlich waren auch einige Leute, die dabei waren. Nicht die Fahrer, die die großen Hänger- und Sattelzüge gesteuert haben, das waren Profis. Nein, sondern die, die am Steuer der angemieteten 7,5-Tonner saßen. Meine Güte, da sträubten selbst den abgebrühtesten Profis die Haare! Da ich als gelernter Karosseriebauer im Job alle möglichen Fahrzeuge bewegen musste, unter anderem auch den Abschleppwagen, war das für mich kein Problem. Ich wurde als Springer eingesetzt und habe auf der Tour nach Rumänien alles (bis auf die großen LKWs) gefahren. Aber da waren Leute dabei, die schon nach 2 Stunden Fahrt schlapp gemacht haben... und ich wegen denen ständig einspringen musste. Die Fahrer von den großen Zügen waren immer froh, wenn ich am Steuer eines der 7,5-Tonner war (ich weiß, Eigenlob stinkt ).
Polizeikontrollen, ja, die gab es auch mal. Einmal wurde auf der Rückfahrt durch Ungarn am Autobahnende (zwischen Budapest und Györ) einer der LKWs heraus gewunken. Die Beamten konnten kein Deutsch, sagten nur "Camion" und machten mit den Händen ein Zeichen, dass der LKW etwas arg geschwankt hätte. Sollte soviel heißen, er sei zu schnell gewesen. Geschwindigkeitsmessung? Fehlanzeige, Sie hätt ja gesehen, dass man zu schnell war. Cash bitte! Der Fahrer meinte, er hätte kein ungarisches Geld dabei. Man wolle lieber D-Mark. Der Fahrer kratze ein paar Scheine zusammen und legte noch zwei Tafeln Schokolade dazu, dann konnte man weiterfahren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es heute noch so zugeht.
Rumänien, es ging mit den Hilfsgütern in die Provinz, wobei wir uns kurz nach der Grenze bei Oradea in zwei Gruppen aufgeteilt haben, die eine Gruppe fuhr in Richtung Südkarpaten nach Medias und die andere Gruppe nach Poienile in die Nordkarpaten (da war ich beide male dabei). Poienile liegt ziemlich im Norden, fast an der ukrainischen Grenze, ein sehr armes Gebiet. Wir mussten da über zwei Pässe fahren, wie gesagt im Winter. Die großen Fahrzeuge mussten an den Anstiegen immer Schneeketten aufziehen, es ging nicht anders. Die Straßen spotteten jeder Beschreibung, Schlaglöcher so groß wie Bombenkrater, wir waren gezwungen in Schlangenlinien zu fahren. Nachts ist es lebensgefährlich, weil viele Leute zu Fuß oder mit Pferdefuhrwerken zu ihren (wenigen) Arbeitsplätzen unterwegs sind (da laufen die Menschen dort schon mal 20 oder 30 km zu ihren Arbeitsplätzen, dementsprechend laufen die früh los und kommen spät heim). Bei der Ankunft im Zielort bot sich uns ein unglaubliches Bild, Bei strömenden Regen wartete fast die komplette Bevölkerung des Ortes auf dem Dorfplatz seit Stunden auf uns. Unglaublich! Poienile ist eigentlich keine richtige Stadt, sondern besteht aus mehreren Dörfern in einem Hochtal. Wir haben dann eine Art Wagenburg aufgebaut und anschließen wurden die Sachen verteilt, Klamotten, Fahrräder etc. wurden im Rathaus gebunkert, die Lebensmittel wurden noch am gleichen Tag unter die Bevölkerung gebracht. Der Bürgermeister und der Polizeichef hatten das ganz gut organisiert. Alle Einwohner waren auf den Listen registriert und jede Familie erhielt die gleiche Menge. Das hat erstaunlicherweise gut funktioniert. Eltern, die ihre Kinder noch mal hingeschickt hatten, um sich noch mehr zu erschleichen, hatten keine Chance. Dennoch, die Dankbarkeit der Menschen war deutlich anzumerken. Es war für mich unbeschreiblich.
Hier ein paar Bilder von der ersten Tour:
Auf der zweiten Tour hatten wir sogar einen „kleinen“ Unfall. Es passierte auf der Rückfahrt in Ungarn, kurz hinter der rumänischen Grenze. Der große FH12 Volvo Sattelzug fuhr uns voraus. Plötzlich sahen wir Bremslichter und der Sattelzug stand auf einmal. Dieser ist einem rumänischen LKW hinten aufgefahren, welcher fast unbeleuchtet war und im kleinen Tempo geschlichen ist. Unser Fahrer hatte ihn zu spät gesehen. Im Dunkeln war der Schaden schwer auszumachen, aber der Kühlergrill war leicht beschädigt und die Sonnenschutzblende war abgerissen. Der Hänger des Rumänen war hinten auch etwas verbeult. Aber der rumänische Fahrer zuckte nur mit den Schultern und forderte uns zum Weiterfahren auf. Später stellte es sich heraus, das die Fahrerkabine des Volvos sich um ein paar Zentimeter nach hinten verzogen hatte!
Hier die Bilder von der zweiten Tour:
http://farm1.static.flickr.com/155/3...1d8862a8_o.jpg
Gruß Matthias
Anfang der 90er war ich zweimal bei einen Hilfstransport nach Rumänien dabei. Für mich war das damals schon ein „kleines“ Abenteuer, vor allem, wenn man mit einem Konvoi mit bis zu 7 Fahrzeugen unterwegs war. Zwei große 40-Tonner, mehrere 7,5-Tonner, ein VW-Bus als "Einsatzzentrale" und ein Wohnmobil als Verpflegungsstation bzw. Schlafgelegenheit. Transportiert wurden Hilfsgüter wie Bekleidung, Fahrräder aber auch Lebensmittel, vor allem Mehl und Zucker, die in ländlichen Gebieten in Rumänien Mangelware waren. Hinzu kommt, dass wir immer mitten im Winter gefahren sind, es ging bei jeder Tour an Neujahr los. Da wir Mehl und Zucker in Tschechien geholt hatten (günstiger als in D), mussten wir vom Schwarzwald aus einen Umweg über Prag fahren. Das brachte natürlich etwas Komplikationen an der deutsch-tschechischen Grenze mit sich, damals änderten sich die Bestimmungen fast täglich. ;)
Gut, über den Sinn oder Unsinn, wie diese Fahrten organisiert wurden, kann man sich streiten. Ich habe das nicht organisiert, ich bin bloß gefahren…
Aber es war schon lustig, wie mir mit diesem Konvoi durch Budapest gefahren sind. Die letzten sind immer bei Rot drüber, um ja nicht den Anschluss zu verlieren. Und wenn die dann doch an der Ampel stehen bleiben mussten, dann haben die da vorne immer auf der rechten Spur angehalten und gewartet... :rofl:
Abenteuerlich waren auch einige Leute, die dabei waren. Nicht die Fahrer, die die großen Hänger- und Sattelzüge gesteuert haben, das waren Profis. Nein, sondern die, die am Steuer der angemieteten 7,5-Tonner saßen. Meine Güte, da sträubten selbst den abgebrühtesten Profis die Haare! Da ich als gelernter Karosseriebauer im Job alle möglichen Fahrzeuge bewegen musste, unter anderem auch den Abschleppwagen, war das für mich kein Problem. Ich wurde als Springer eingesetzt und habe auf der Tour nach Rumänien alles (bis auf die großen LKWs) gefahren. Aber da waren Leute dabei, die schon nach 2 Stunden Fahrt schlapp gemacht haben... und ich wegen denen ständig einspringen musste. Die Fahrer von den großen Zügen waren immer froh, wenn ich am Steuer eines der 7,5-Tonner war (ich weiß, Eigenlob stinkt ).
Polizeikontrollen, ja, die gab es auch mal. Einmal wurde auf der Rückfahrt durch Ungarn am Autobahnende (zwischen Budapest und Györ) einer der LKWs heraus gewunken. Die Beamten konnten kein Deutsch, sagten nur "Camion" und machten mit den Händen ein Zeichen, dass der LKW etwas arg geschwankt hätte. Sollte soviel heißen, er sei zu schnell gewesen. Geschwindigkeitsmessung? Fehlanzeige, Sie hätt ja gesehen, dass man zu schnell war. Cash bitte! Der Fahrer meinte, er hätte kein ungarisches Geld dabei. Man wolle lieber D-Mark. Der Fahrer kratze ein paar Scheine zusammen und legte noch zwei Tafeln Schokolade dazu, dann konnte man weiterfahren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es heute noch so zugeht.
Rumänien, es ging mit den Hilfsgütern in die Provinz, wobei wir uns kurz nach der Grenze bei Oradea in zwei Gruppen aufgeteilt haben, die eine Gruppe fuhr in Richtung Südkarpaten nach Medias und die andere Gruppe nach Poienile in die Nordkarpaten (da war ich beide male dabei). Poienile liegt ziemlich im Norden, fast an der ukrainischen Grenze, ein sehr armes Gebiet. Wir mussten da über zwei Pässe fahren, wie gesagt im Winter. Die großen Fahrzeuge mussten an den Anstiegen immer Schneeketten aufziehen, es ging nicht anders. Die Straßen spotteten jeder Beschreibung, Schlaglöcher so groß wie Bombenkrater, wir waren gezwungen in Schlangenlinien zu fahren. Nachts ist es lebensgefährlich, weil viele Leute zu Fuß oder mit Pferdefuhrwerken zu ihren (wenigen) Arbeitsplätzen unterwegs sind (da laufen die Menschen dort schon mal 20 oder 30 km zu ihren Arbeitsplätzen, dementsprechend laufen die früh los und kommen spät heim). Bei der Ankunft im Zielort bot sich uns ein unglaubliches Bild, Bei strömenden Regen wartete fast die komplette Bevölkerung des Ortes auf dem Dorfplatz seit Stunden auf uns. Unglaublich! Poienile ist eigentlich keine richtige Stadt, sondern besteht aus mehreren Dörfern in einem Hochtal. Wir haben dann eine Art Wagenburg aufgebaut und anschließen wurden die Sachen verteilt, Klamotten, Fahrräder etc. wurden im Rathaus gebunkert, die Lebensmittel wurden noch am gleichen Tag unter die Bevölkerung gebracht. Der Bürgermeister und der Polizeichef hatten das ganz gut organisiert. Alle Einwohner waren auf den Listen registriert und jede Familie erhielt die gleiche Menge. Das hat erstaunlicherweise gut funktioniert. Eltern, die ihre Kinder noch mal hingeschickt hatten, um sich noch mehr zu erschleichen, hatten keine Chance. Dennoch, die Dankbarkeit der Menschen war deutlich anzumerken. Es war für mich unbeschreiblich.
Hier ein paar Bilder von der ersten Tour:
Auf der zweiten Tour hatten wir sogar einen „kleinen“ Unfall. Es passierte auf der Rückfahrt in Ungarn, kurz hinter der rumänischen Grenze. Der große FH12 Volvo Sattelzug fuhr uns voraus. Plötzlich sahen wir Bremslichter und der Sattelzug stand auf einmal. Dieser ist einem rumänischen LKW hinten aufgefahren, welcher fast unbeleuchtet war und im kleinen Tempo geschlichen ist. Unser Fahrer hatte ihn zu spät gesehen. Im Dunkeln war der Schaden schwer auszumachen, aber der Kühlergrill war leicht beschädigt und die Sonnenschutzblende war abgerissen. Der Hänger des Rumänen war hinten auch etwas verbeult. Aber der rumänische Fahrer zuckte nur mit den Schultern und forderte uns zum Weiterfahren auf. Später stellte es sich heraus, das die Fahrerkabine des Volvos sich um ein paar Zentimeter nach hinten verzogen hatte!
Hier die Bilder von der zweiten Tour:
http://farm1.static.flickr.com/155/3...1d8862a8_o.jpg
Gruß Matthias
Kommentar